"Keine ganz einfache Aufgabe" war es für Tobias Schmidt vom Büro WSM Architekten aus Pöcking, die gewünschten Nutzungsmöglichkeiten "Trauen und Brauen" zusammen im denkmalgeschützten Güterschuppen am Schondorfer Bahnhof unterzubringen. Das Büro hatte bereits im April 2022 eine Machbarkeitsstudie zur Nachnutzung des leer stehenden und seit Jahren vor sich hin bröckelnden Güterschuppens vorgestellt, um dessen Existenz und Nutzungsmöglichkeiten über Jahre hinweg gestritten wurde. Nun scheint eine Lösung gefunden zu sein.
Das 1898 erbaute Nebengebäude, das zum Bahnhofsensemble gehört, hat besondere Strahlkraft. Statt der Architektenvorschläge hatte der Gemeinderat daher zunächst einen Vorschlag des Schondorfer Künstlers Andreas Kloker favorisiert: eine "Box-in-Box"-Lösung, die am Gebäude selbst wenig verändert. Im Rahmen der Förderinitiative "Innen statt Außen" - ein Programm der Bayerischen Staatsregierung - wurde dann aber wieder das Architekturbüro WSM mit der Umsetzung des Künstlervorschlags beauftragt. Wichtig waren dem Gemeinderat dabei zwei Nutzungsmöglichkeiten: Der 1. Schondorfer Brauverein sucht dringend Räume - und im Rathaus fehlt ein Trauzimmer.
Der Pöckinger Architekt hat den Vorschlag von Kloker aufgegriffen: An den Giebelseiten des Schuppens werden nun zwei Boxen mit Satteldach angebaut. Der Brauverein bekommt in der etwas größeren Box Platz für Gärtank, Waschbecken und Arbeitsflächen, dazu gibt es einen Abzug nach draußen. Etwaige Braugerüche, die bei Trauungen störend wirken könnten, sollen mit Querlüften beseitigt werden. Die Box wird ausgestattet mit einer Faltschiebetür, die sich zu einem multifunktional nutzbaren Innenraum hin öffnet.
Auf der anderen Giebelseite befindet sich der Abgang in den Keller. Hier sind Lagermöglichkeiten - auch für bereits gebrautes Bier - vorgesehen. Weil die mehr als 100 Jahre alten Stufen in den Keller abgetreten und ziemlich steil sind, schlägt Schmidt hier eine neue Stahlkonstruktion vor. Für die Nutzung als Trauzimmer entsteht an der zweiten Giebelseite eine Box mit Klapptüren für Tische und Stühle.
Beide Boxen wirken mit den Satteldächern wie kleine Häuser. Am Gebäude des Güterschuppens selbst wird möglichst wenig verändert. Innen soll die Farbe Weiß vorherrschen, der Außenanstrich soll an die Farbgebung des Bahnhofsensembles angepasst werden. Der Dachstuhl wird gedämmt, die Sparren in geölter Holzoptik - also die Dachkonstruktion von der Traufe zum First - sollen sichtbar bleiben.
In die Torbögen, wo einst die Waren von den Güterwagons und Lastwagen umgeschlagen wurden, kommt eine Glas-Stahl-Konstruktion. Eventuell könnten sogar die alten Schiebetüren noch saniert werden, meint der Architekt. Die Außenansicht aufs Gebäude wird sich verändern: Auf der Straßenseite am Podest mit Treppenaufgang wird ein Geländer angebracht, auf der Bahnseite ein Plattformlift, damit das Gebäude barrierefrei erreicht werden kann. Geheizt wird mit einer Deckenheizung, die genug Wärme für die punktuelle Nutzung im Winter schafft.
Neugestaltet wird auch der Außenbereich mit Sitzgruppen und Begrünung, zudem soll ein neues Pflaster verlegt werden. Statt der bisherigen Fahrradständer soll in der Verlängerung ein Fahrradschuppen - ebenfalls mit Satteldach und in einfacher Bauweise aus Beton oder Holz - entstehen. In den Doppelstockplätzen gibt es dann geordnete Abstellmöglichkeiten für 48 oder 64 Fahrräder. Hier stehen aber noch Gespräche mit der Bahn an, zudem entfallen einige Stellplätze für Autos.
Insgesamt soll die Sanierung und Umgestaltung des Gebäudes rund 650 000 Euro kosten, hat der Architekt errechnet. Bürgermeister Alexander Herrmann (Grüne) schätzt, dass rund 100 000 Euro anteilig von der Gemeinde getragen werden müssten, der Rest wird über das Landesprogramm gefördert. Auch das Landesamt für Denkmalpflege, das die Planung gut findet, will noch Mittel bereitstellen. Für Ausstellungen und Lesungen kann der Raum ebenfalls genutzt werden. " Ein sehr schöner Entwurf", sagt Herrmann. Dieser sei mit dem Landesamt für Denkmalpflege, der Regierung von Oberbayern und Künstler Kloker abgestimmt. Mehrheitlich hat der Gemeinderat die Planung nun beschlossen - begleitet vom Wunsch nach einem Ende der langen Streitgeschichte.