Am Ufer meines geliebten Starnberger Sees steht mal wieder – oder soll ich lieber sagen: immer noch? – eine dieser geschichtsträchtigen Immobilien zum Verkauf. Im Schloss Possenhofen, Sisis alte Kinderwohnung, Beletage samt Dachgeschoss für schlappe 5,1 Millionen Euro. Jawohl, die Sisi, die mit dem Pferd, dem Haar bis zu den Knien und dem melancholischen Blick.
Das Schloss in Traumlage, wo einst Sisi mit ihren Geschwistern durch die Gänge tobte, bietet vier Meter hohe Stuckdecken, Tafelparkett, Kamin und einen grandiosen Panoramablick auf meine Wasseroberfläche. Es gibt sogar zwei weitere Objekte im Ensemble zur Auswahl, alles sehr feudal. Selbst die früheren Gesindekammern im Wirtschaftsgebäude glänzen inzwischen mit goldfarbenen Wasserhähnen.
Doch warum greift seit Monaten niemand zu? Liegt es am royalen Preis? Schließlich hat selbst Interessent und Dauergast in den Klatschspalten, Frédéric von Anhalt, wie der Boulevard erfahren haben will, dankend abgewunken. „Zu teuer“, heißt es. Inzwischen wird das Anwesen auf Kleinanzeigen angeboten zwischen Wohnzimmertischen mit „nur leichten Gebrauchsspuren“ und dem 24-teiligen Kaffeeservice von Omi. Kleinanzeigen! Wie unglamourös. Als nächstes taucht das Gemäuer womöglich noch im Pöckinger Schenk- und Tauschmarkt auf, Motto: „Tausche Schloss mit Seeblick gegen Neubau mit Infinity-Pool auf dem Dach.“
Wer sich zwar kein echtes Schloss leisten kann, aber trotzdem auf den Spuren von Kaiserin Elisabeth wandeln möchte, könnte im frisch renovierten Rosewood-Schloss Fuschl bei Salzburg einchecken. Dort wurden einst die „Sissi“-Filme mit Romy Schneider gedreht. Die Übernachtungspreise liegen zwischen 900 und 10 000 Euro pro Nacht. Wem das zu teuer ist, dem schlägt der Unterkunftsvermittler Airbnb historisierende Wohnungen an ihren Reiseorten wie etwa Budapest oder Bad Kissingen vor: „Wohnen wie Sisi“ mit der Kaiserin als Stil-Ikone. In den Unterkünften hat sie zwar nie gewohnt, ist aber vielleicht mal daran vorbeigeritten.

Ich hab mir so eine Ferienwohnung angeschaut; diskret natürlich, bin durchs Abflussrohr rein. Und was seh ich da? Was auf Instagram aussieht wie ein Traum in Brokat, entpuppt sich in natura als Realität in Laminat. Samtsofa wie aus dem Deko-Outlet, ein Sisi-Porträt im Bilderrahmen (goldgestrichen), auf dem Nachttisch neben dem Himmelbett das Wlan-Passwort „Empress4ever“ und statt der Kammerzofe erteilt man dem Soundsystem Befehle: „Alexa, spiel' den Kaiserwalzer!“
Da frag ich mich als uralter Seegeist: Sisi wollte raus aus den Schlössern, weil sie ihr zu eng und zu steif waren. Und ihr wollt wieder rein in eine Vergangenheit aus Glanz und Goldrahmen, die in Wahrheit wenig Platz ließ für Freiheit und Selbstbestimmung? Ich für meinen Teil bleib' lieber unter Wasser. Hier gibt es zwar kein Plüsch und keinen Prunk, aber dafür ist alles echt. Und Wlan brauch' ich keins. Ich hör' eh alles, was ihr da oben so tuschelt.