UttingGottesdienst unter dem Schutz von Gerüststangen

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Bei einem Rundgang in der Kirche St. Ulrich begutachten der Kirchenpfleger Gerhard Deininger und Kirchenverwalter Wolfgang Frank den Dachstuhl.
Bei einem Rundgang in der Kirche St. Ulrich begutachten der Kirchenpfleger Gerhard Deininger und Kirchenverwalter Wolfgang Frank den Dachstuhl. (Foto: Nila Thiel)

Bis zum Sommer dauern noch die Renovierungsarbeiten in der Kirche St. Ulrich in Holzhausen. Die Kosten belaufen sich auf etwas mehr als eine halbe Million Euro.

Von Renate Greil, Utting

Hoch hinauf geht es. Eine lange Treppe und zwei steile schmale Stiegen, dann ist der 300 Jahre alten Dachstuhl der Kirche St. Ulrich in Holzhausen am Ammersee erreicht. Gerade sind seltene Einblicke in die Architektur und frühere Handwerkskunst möglich, daher führen Kirchenpfleger Gerhard Deininger und Wolfgang Frank von der Kirchenverwaltung über die Baustelle. Die Kirche wird seit vergangenem Oktober saniert, bis zum Sommer sollen die Arbeiten andauern. Risse im Mauerwerk deuten schon lange darauf hin, dass es Probleme mit der Statik geben könnte.

Das Besondere an der katholischen Filialkirche in dem Uttinger Ortsteil ist der Standort in exponierter Lage: Sie steht auf einer schmalen, nach Norden zum Kittenbach auslaufenden Geländestufe. Es wird vermutet, dass das Plateau im Mittelalter künstlich erhöht wurde. Von der Straße Schmiedberg, die eine Kehre macht, geht es einige Stufen hinauf, oben am Plateau kann man nach Osten zum Kloster Andechs auf der anderen Seite des Ammersees blicken und wähnt sich fast auf gleicher Höhe. Im Süden kann man einem Storchenpaar beinahe ins Nest schauen. Auch der kleine Friedhof um die Kirche herum ist einen Blick wert. Dort fanden einige Mitglieder der Münchner Künstlervereinigung „Die Scholle“ ihre letzte Ruhestätte. Kunstvoll gestaltete Grabanlagen wie beispielsweise des Holzhauser Künstlerpaares Matthias und Anna Sophie Gasteiger fallen auf.

Kirchenpfleger Deininger ist für die Finanzen in der Uttinger Pfarrei Mariä Heimsuchung zuständig. Er beziffert die Gesamtkosten der Sanierung auf etwa 520 000 Euro. Allerdings könnten die Ausgaben noch etwas steigen, denn einige Schäden treten erst bei den Arbeiten zu tage. Auch Elektroinstallationen werden erneuert. Die Diözese Augsburg übernimmt 75 Prozent. Auf die Pfarrgemeinde kommen auch Kosten zu, denn laut Deininger muss ein Eigenanteil von etwa 90 000 Euro aufgebracht werden. Etwa die Hälfte des Eigenanteils sei schon gespendet worden, auch einige Großspenden waren dabei, erzählt der Kirchenpfleger.

Alle drei Kirchen in Utting seien „wertvolle Denkmäler“ sagt er. Außer St. Ulrich sind das die Filialkirche St. Leonhard und die Pfarrkirche Mariä Heimsuchung. In der Diözese würden auch Diskussionen um den Erhalt geführt. Frank berichtet in dem Zusammenhang vom Abbruch einer Kirche in Füssen. Bei den Uttinger Kirchen habe man sich dagegen für den Erhalt entschieden, erläutert der Kirchenpfleger.

Die Filialkirche seht in exponierter Lage auf einer schmalen Geländestufe. Der Dachstuhl ist gerade offen.
Die Filialkirche seht in exponierter Lage auf einer schmalen Geländestufe. Der Dachstuhl ist gerade offen. (Foto: Nila Thiel)
In der Kirche stehen Gerüste. Gottesdienste werden dort trotzdem abgehalten.
In der Kirche stehen Gerüste. Gottesdienste werden dort trotzdem abgehalten. (Foto: Nila Thiel)
Die Decke wird während der Renovierungsarbeiten mit Holzplatten abgestützt.
Die Decke wird während der Renovierungsarbeiten mit Holzplatten abgestützt. (Foto: Nila Thiel)

Im Jahr 1226 wurden Kirche und Pfarrei Holzhausen erstmals erwähnt, als „Otto Fuez sein Patronatsrecht dem Kloster Bernried übergab“, wie es auf der Webseite heißt. Das Langhaus wurde in der Romanik mit Tuffquadern erstellt, ein Baustoff der damals regional verfügbar war. Im 17. Jahrhundert war das „5 Stund Wegs weite Pfärrl Holzhausen“ für das Kloster Bernried zu wenig einträglich; deshalb übernahm es die Uttinger Pfarrei. Das heutige Aussehen erhielt die Kirche in der Zeit zwischen 1725 und 1750; damals wurden der Chor, die Sakristei und das Oberteil des Turmes neu gebaut. Etwa hundert Jahre später wurden Teile erneuert, die letzte Renovierung fand 1974 statt.

Besonders wertvoll in der Innenausstattung seien einzelne Figuren, meint Frank. Der barocke Hochaltar wurde 1676 von dem Weilheimer Bildhauer Ambrosius Degler und dem Dießener Kunstschreiner Michael Tablander angefertigt und nachträglich breiter und höher umgebaut. Bemerkenswert ist auch der etwa 400 Gramm schwere Schlüssel zur einzigen Türe auf der Südseite, eine Bohlentür mit einem seltenen hölzernen Riegelkorb.

In Utting gibt es derzeit etwa 1800 Katholiken. In der Kirche St. Ulrich findet einmal in der Woche am Samstag ein Gottesdienst statt, auch während des Baustellenbetriebes. „Am Ostermontag war der Gottesdienst gut besucht“, wusste Frank und schätzt die Kapazität auf gut 50 Sitzplätze. Es sei allerdings notwendig gewesen, eine Zwischendecke einzuziehen, da am Dachstuhl gearbeitet wurde und die Gefahr besteht, dass die Putzdecke in Stücken herunterfällt. Der Deckenputz wurde deshalb schon vor einigen Jahren mit Holzfaserplatten gesichert, die an der Decke befestigt sind. Eine Sanierung sei eigentlich schon seit zehn Jahren fällig, aber es sei immer wieder etwas dazwischengekommen, berichtet Deininger.

Die Restaurationsarbeiten sind nun ausgeschrieben, damit der Deckenputz wieder sicher befestigt wird. So lange stehen Stützen zwischen den Kirchenbänken. Den Gottesdienstbesuchern fehlt die sonst gewohnte Höhe des Gotteshauses, und auch für die Organisten ist es eine Herausforderung, denn sie sehen nun von oben auf die Zwischendecke statt auf die Gläubigen. Ein Kronleuchter erhellt oben die Baustellszenerie; er stammt wohl aus einem Haushalt, vermutet Deininger.

Mit einem 20 Zentimeter langen Schlüssel wird die schwere Holztüre zur Kirche geöffnet.
Mit einem 20 Zentimeter langen Schlüssel wird die schwere Holztüre zur Kirche geöffnet. (Foto: Nila Thiel)

Derzeit ist das Dach noch offen, nur eine Abdeckung schützt, ein Stück Himmel schimmert durch. Für den Dachstuhl wurde hauptsächlich Fichtenholz verwendet, sagt Frank, der sich als Architekt bestens auskennt. Wo das Holz direkt am Mauerwerk lag oder aus anderen Gründen feucht wurde, gibt es Schäden durch Fäulnis. Altes Holz, das trocken geblieben ist, wird weiterhin verwendet. Die Fußpfette unten am Dachstuhl wurde ausgetauscht.

Die beiden Zimmereibetriebe, die hier arbeiten, sind auf Denkmäler spezialisiert, sagt Deininger. Zu beachten seien auch Auflagen vom Denkmalamt, sagt Frank. So werde das Dach mit roten „Kirchenbiber“-Ziegeln neu gedeckt. Von den Jahrhunderte alten Ziegeln, die abgetragen wurden, lagern 200 Stück, die als Erinnerungsstücke gegen Spende abgegeben werden, berichtet Frank. Auf dem Dachboden sind Teile des Aufbaus der Deckenkonstruktion, der sogenannten Bockshaut, zu sehen. Im Langhaus wurde hier loses Stroh aufgelegt, und im Chorraum wurde mit Tierhaar gearbeitet.

Ein Benefizkonzert findet am Samstag, 24. Mai, von 19 Uhr an in der Kirche Mariä Heimsuchung in Utting statt. Führungen sind in kleinen Gruppen möglich, Anmeldung im Pfarramt.

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