S-Bahn-Unglück in Feldafing:Die Fahnder und die Fichte

Eine S-Bahn fährt in einen in der Oberleitung hängenden Baum, 60 Fahrgäste müssen evakuiert werden und dann kommt die erschreckende Nachricht: Der Baum war angesägt. Auf der Suche nach dem Täter durchkämmt die Polizei nun die Umgebung der Unfallstelle.

Wolfgang Prochaska

War es ein raffinierter Anschlag, ein gefährlicher Jungenstreich oder doch nur ein Unfall? Diese Frage beschäftigt derzeit die Polizei bei den Ermittlungen zum S-Bahn-Anschlag bei Feldafing. Den Fall hat inzwischen die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck übernommen, die wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr ermittelt und auch nach Beweisen sucht, die auf Vorsätzlichkeit schließen lassen.

Anschlag auf S-Bahn - Baum fällt auf Zug

Die Kriminalpolizei in Fürstenfeldbruck kümmert sich mittlerweile um den mutmaßlichen Anschlag auf die S 6. 60 Fahrgäste hatten am Samstag aus der Bahn evakueirt werden müssen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Wie berichtet, war am Freitagnachmittag eine S-Bahn gegen eine in der Oberleitung hängende Fichte geprallt, deren Stamm angesägt war. An dieser Stelle fahren die Züge Tempo 120, der Lokführer konnten die S-Bahn noch auf Tempo 80 abbremsen. Durch viel Glück blieben der Lokführer und die 60 Fahrgäste unverletzt. Sie konnten auf freier Strecke über Metallstege geborgen werden. Zuvor mussten sie zwei Stunden im Zug ausharren, ehe der Strom abgeschaltet und die Leitungen geerdet waren.

Am Samstag haben Polizeikräfte das schwer zugängliche Waldstück an der Bahnstrecke zwischen Starnberg und Tutzing noch einmal durchkämmt, um mögliche Hinweise auf Täter und Motiv zu finden. Insgesamt 5000 Quadratmeter wurden abgesucht. Auch Bahntechniker beteiligten sich nach Auskunft eines Sprechers des Präsidiums Oberbayern an der Aktion, die bis Sonntagfrüh um ein Uhr dauerte.

Dabei schaute man sich an der Bahnlinie stehende Bäume besonders genau an, um Beschädigungen oder Manipulationen zu erkennen. Diese hätten den Verdacht auf einen Sabotageakt oder Anschlag verdichtet. Ein zweiter angesägter Baum wurde aber laut Polizeipräsidium nicht gefunden.

Ohnehin sprechen die Fahnder der Polizei lieber von einem Unfall, um die Verunsicherung unter Fahrgästen und in der Bevölkerung zu dämpfen, wie es in Polizeikreisen heißt. Um auszuschließen, dass auch an den Strommasten der Bahn manipuliert wurde, inspizierten die Einsatzkräfte zusammen mit Bahntechnikern auch die Oberleitungsstützen an der viel befahrenen Bahnstrecke zwischen München und Garmisch-Partenkirchen.

Da es sich im Gleisbereich Richtung Süden um steiles Gelände handelt, musste die Bahnlinie für gut eine Stunde gesperrt werden, um die Sicherheit der Einsatzkräfte zu gewährleisten. In Richtung München herrschte für die Züge ein strenges Tempolimit: Sie durften nur in Schrittgeschwindigkeit den Tatort passieren. Entsprechend groß waren die Verkehrsbehinderungen auf der Strecke.

Die einzige konkrete Spur bleibt der angesägte Baum, dessen Stumpf sichergestellt wurde. Da die Schnittstelle schon stark verharzt war, geht die Polizei davon aus, dass die Fichte vor längerer Zeit angesägt wurde. Dass ein Waldarbeiter den Baum schneiden wollte und irrtümlich halb angesägt stehen ließ, kann nahezu ausgeschlossen werden, da es in den vergangenen Wochen in dem Waldgelände keine Baumfällarbeiten gab, hieß es.

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