Das Genre der Wirrungen und Irrungen von Liebenden ist seit Jahrhunderten auf den Bühnen verbreitet, ob als tragisch endendes Drama, leichte Beziehungskomödie oder lyrische Romanze. Das Schema, wer wen liebt, aber nicht lieben darf, weil sie oder er jemand anderen zu lieben hat, variiert meist nur geringfügig. William Shakespeare packte gleich alle Genres und Gattungen in ein Stück, verknotete die Liebesfäden zu einem tragischen Drama und löste das Verwirrspiel mit zauberhaftem Humor auf. Die Komödie "Ein Sommernachtstraum" ist denn auch eines der am meisten gespielten Werke Shakespeares.
Für Rufus Beck Anreiz genug, eine eigene Version als Stand-up-Comedy für eine Person zu kreieren. Schon die Einleitung mit dem "Lyrischen Intermezzo XXXIX" aus dem Buch der Lieder von Heinrich Heine ("Ein Jüngling liebt ein Mädchen, die hat einen anderen erwählt") stellte klar, dass auf der Bosco-Bühne in Gauting auch viel Geistreiches zu erwarten war. Dass hier auch Originaltext von Shakespeare zu hören sein sollte, war bei der Hinzuziehung der Schauspielmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy unumgänglich.
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Mendelssohn war 26 Jahre alt, als seine Orchesterversion des Stückes in Druck ging. Das Besondere an ihr ist der erzählerische Zauber und ein unverwechselbarer Klang. Um die Nachfrage des Bürgertums nach Bearbeitungen bekannter Werke für die Hausmusik zu bedienen, veröffentlichte er vier Sätze daraus - Scherzo, Intermezzo, Notturno und Hochzeitsmarsch - zeitgleich in einer Version für Klavier zu vier Händen.
Dass er diese Bearbeitung selbst vornahm, bezeugt seine Sorge, das Werk könnte aus anderer Feder Schaden nehmen. Das Klavierduo der Schwestern Anna und Ines Walachowski nahm diesen Umstand sehr ernst, spürte in Gauting die feinsten Stimmungen auf, ging sorgfältig auf erzählerische Details ein und brachte damit so eine poetische Ebene ein, die Rufus Beck auch entsprechend einzubauen verstand.
Das war eine Gratwanderung, denn seine komödiantische Auslegung des Werkes wollte auch Elemente der Gegenwarts-Comedy einbeziehen und scheute nicht, gelegentlich recht platt daherzukommen. Banal wurde es schon deshalb nie, weil Beck dann mit rasantem Sprech-Stakkato und dabei makellosem Hineinschlüpfen in die einzelnen Rollen höchsten schauspielerischen Qualitäten gerecht wurde.
Um die komplexe Handlung zu entwirren, bediente sich Beck vor allem eines einfachen Tricks: Er überzeichnete die Charaktere mit viel Humor und ausgeprägten Sprechmerkmalen, sodass sie in der Erzählung unverwechselbar wurden. Das half bei der inhaltlichen Orientierung, wenn Beck wieder Tempo aufnahm, und brachte zudem viel humoristisches Potenzial ins Spiel. Helena bekam sogar bayerisches Idiom in den Mund gelegt, und ein schlichtes Gemüt dazu.
Viel Situationskomik und grandiose Wortgewandtheit
Der rüpelhafte Demetrius passt kaum zu ihr, dennoch liebt sie ihn. Er wiederum liebt Hermia, die Beck wohl an Xanthippe anlehnte. Aber natürlich liebt sie nicht Demetrius, sondern den vertrottelten Lysander, ein ideales Opfer für ihre Launen. Dem schelmischen Puck, dem Hofnarren Oberons, des Königs der Elfen, setzt Beck eine John-Lennon-Brille auf. Oberon selbst wünscht sich nur Ruhe in seinem Wald, und Frieden mit seiner Gemahlin Titania, dem "menschgewordenen Pirelli-Kalender". Der Höhepunkt ist erreicht, als Liebestropfen in die falschen Augen gelangen und sich die Paare falsch zusammenfügen. Zudem verliebt Titania sich in den Weber Nick Bottom aus der einfältigen Handwerksmeisterschauspieltruppe, dem Puck einen Eselskopf gezaubert hat. Da muss Oberon selbst einschreiten, die Zaubertropfen selbst neu verteilen, damit dem Happy End nichts mehr im Weg steht.
Mit viel Situationskomik und grandioser Wortgewandtheit vollbracht, schloss Beck das Spiel mit einer guten Nachricht: Die Handwerksmeister gewannen mit ihrer blutigen Tragödie den Schauspielwettbewerb. Und Beck mit den Schwestern Walachoswki die Begeisterung des Publikums.