Rufus Beck:"Beruflich ist das eine absolute Katastrophe"

Familienkonzert der BR Symphoniker in München, 2017

Ein Bild aus besseren Tagen: Rufus Beck 2017 bei einem Familienkonzert mit dem BR-Symphonieorchester im Münchner Gasteig.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Schauspieler Rufus Beck vertreibt sich die Zeit damit, täglich in seinem Haus in Ambach einen Podcast aufzunehmen. Der 62-Jährige vermisst soziale Kontakte, Konzerte und Theaterabende

Interview von Benjamin Engel, Münsing

Der 62-jährige Rufus Beck zählt zu den vielseitigen und bekanntesten darstellenden Künstlern in Deutschland. Er nimmt Hörbücher auf, etwa die "Harry Potter"-Bände, erst kürzlich hat er Bibeltexte eingelesen. Beck arbeitet als Schauspieler für Film und Theater, er hat auch "Tabaluga" inszeniert, das Musical des in Tutzing lebenden Deutschrockes Peter Maffay. Derzeit hält er sich hauptsächlich in seinem Haus in Ambach auf.

SZ: Herr Beck, normalerweise sind Sie als darstellender Künstler viel unterwegs. Wie geht es Ihnen nach einem Monat mit Kontaktbeschränkungen in Bayern?

Rufus Beck: Ich bin natürlich zu Hause. Ich bin gesund. Seit über drei Wochen war ich nicht in München, was schon merkwürdig ist. Normalerweise bin ich mindestens einmal am Tag dort. In München leben auch meine Kinder und Enkelkinder.

Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Beruflich ist das eine absolute Katastrophe. Es sind ja alle Möglichkeiten genommen aufzutreten. Theater, Konzertsäle und Veranstaltungsräume sind geschlossen, und das auf unbestimmte Zeit. Das ist ein Riesenproblem. Das gilt auch für Proben. Aber es macht auch gar keinen Sinn, ins Nichts zu arbeiten. Das ist besorgniserregend. Ich habe viele Musikerkollegen, denen nun die Existenzgrundlage entzogen ist. Man guckt in eine Nebelwand und weiß nicht, wann man den Horizont sieht.

Heißt das, dass auch Sie selbst beruflich derzeit nichts machen können?

Für den beruflichen Verdienst habe ich gar keine Möglichkeiten, weder für Filmaktivitäten noch im Theater. Das Einzige, was ich machen kann, ist, Hörbücher zu produzieren. Da gibt es ein paar Pläne. Ich vertreibe mir die Zeit damit, dass ich täglich einen Podcast aufnehme und ein Hörbuch empfehle. Das ist eine kleine, kreative Herausforderung. Sonst mache ich sehr viel Sport, fahre Fahrrad oder gehe zum See. Ich bewege mich aber nur noch in Wolfratshausen, Münsing und zum Einkaufen.

Die Situation ist auch für Sie existenzbedrohend?

Darüber mag ich gar nicht nachdenken. Buchläden dürfen ja jetzt wieder öffnen. Aber die darstellenden Künstler werden am Ende der Schlange stehen. Peter Maffay wollte auf Tour gehen. Die wird nicht stattfinden. Da hängen aber 200 Leute dran.

Kommen Lesungen über Online-Portale für Sie nicht infrage?

Ich werde am 1. Mai über Audible eine einstündige Live-Lesung über meinen Facebook- und Instagram-Account machen. Es gibt jetzt viele, die Texte lesen. Das ist gut gemeint, oft aber das Gegenteil von Kunst. Das muss schon Hand und Fuß haben.

Sie gelten als passionierter Bergsteiger. Wäre das nicht der ideale Fluchtpunkt?

Ich fliege Gleitschirm. Aber das ist momentan ja vom Verband verboten.

Nervt es Sie nicht, nur auf das eigene Zuhause zurückgeworfen zu sein?

Ich bin privilegiert, weil ich so großzügig und schön wohnen darf. In einer Studentenwohnung mit 15 Quadratmetern wäre das schon etwas anderes. Ich vermisse natürlich soziale Kontakte, ich vermisse es, in die Arbeit, in ein Restaurant, ins Kino, Theater oder Konzert zu gehen. Man merkt jetzt so richtig, wie wichtig das ist.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?

Wenn ich morgens aufstehe, mache ich mein Fitnessprogramm: die Fünf Tibeter, Pilates, Yoga. Ich frühstücke und lese dann ein bisschen. Dann gehe ich raus, überlege mir, wen ich anrufe, beantworte Mails, bereite meinen Podcast für die Hörbuchempfehlung vor. Nachmittags mache ich Sport, meditiere 20 Minuten. Dann wird gekocht. Ich versuche, meinen Geist und Körper zu pflegen. Alle vier, fünf Tage gehe ich einkaufen.

Gibt es schon Pläne für die Zeit nach den Kontaktbeschränkungen?

So eine Situation hat es ja noch nie gegeben, dass einfach der Stöpsel gezogen worden ist. Man kann nur von Tag zu Tag leben. Die größte Schwierigkeit ist, wo denn der Zeithorizont liegt. Die sozialen Kontakte fehlen. Aber das geht allen so. Sprachlos hat mich gemacht, als ich kürzlich gelesen habe, dass die Polizei eine Studentenparty in München-Neuhausen auflösen musste. Ich dachte, Studenten sind intelligente Menschen. Nicht auszudenken, wenn da einer Corona hat. Wie kann man nur so denken und eine Party mit 40, 50 Leuten feiern?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: