Rücktritt:Kaum zu schaffen

BUND-Vorstand Krailling

"Das Arbeitspensum ist nicht mehr zu schaffen", sagt die Gemeinderätin Adrienne Akontz.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Adrienne Akontz (Grüne) verlässt den Kraillinger Gemeinderat

Von Carolin Fries, Kraillin

Adrienne Akontz kann nicht mehr. Am Dienstagabend ist die 46- Jährige nach zehn Jahren auf eigenen Wunsch aus dem Kraillinger Gemeinderat ausgeschieden. Auf dem Papier aus "beruflichen und familiären Gründen", tatsächlich weil "das stetig wachsende Arbeitspensum nicht mehr zu schaffen ist", wie sie sagt. Jedenfalls nicht für jemanden, der noch einen Job und Familie habe, wie die Landschaftsplanerin hinzufügt. Sie gibt dafür auch Bürgermeisterin Christine Borst (CSU) die Schuld. Diese habe "alle Projekte gleichzeitig" bearbeiten wollen und damit Verwaltung und Gemeinderat überfordert.

Akontz vertrat die Grünen seit 2008 im Gemeinderat und galt als das grüne Gewissen des Gremiums. Beharrlich verfolgte sie ihre Ziele, weshalb sie von Gemeinderatsmitgliedern anderer Fraktionen mitunter als unbequem empfunden wurde. Doch insbesondere mit der SPD und der FBK war das Verhältnis eng und freundschaftlich. Hier bedauert man ihren Schritt zutiefst, wenngleich das Verständnis groß ist. "Ich kann das sehr gut nachvollziehen", sagt Stephan Bock, seit 2014 SPD-Gemeinderat. Der 50-Jährige ist Geschäftsführer einer Bild-Agentur und Vater zweier Kinder: "Das Ehrenamt fordert einem schon viel ab", sagt er. Vor allem die Vorbereitung der Sitzungen. Mitunter gelte es, in wenigen Tagen 500 Seiten komplexer Sachverhalte durchzuarbeiten.

Auf etwa 20 Stunden pro Woche schätzt Adrienne Akontz ihr ehrenamtliches Engagement. "Als Rentner kriegt man das noch hin", sagt sie. Nicht aber mit zwei Kindern, einem Beruf und Großeltern in der Nähe, um die man sich kümmern will. Mehrmals bat Akontz im Gemeinderat darum, anstehende Projekte zeitlich zu entzerren, "doch Dinge für ein halbes Jahr zurückzustellen, das ging nicht", kritisiert sie. Tagesordnungen mit 20 Punkten seien zuletzt normal gewesen. Noch vor wenigen Jahren sei das anders gewesen. Sie hofft nun, dass ihr Rücktritt als warnendes Signal gesehen wird - "im Sinne der Kollegen", wie sie betont.

Da gäbe es einige, die eineinhalb Jahre vor den nächsten Kommunalwahlen ebenfalls ans Aufhören denken, sagt Dietlind Freyer-Zacherl (FBK), pensionierte Lehrerin. "Das Pensum ist für einen berufstätigen Menschen kaum zu schaffen", so die 78-Jährige. Die Tagesordnungen seien überladen, die Arbeit in der Schlussfolgerung unbefriedigend. "Schade", wie sie sagt, seien junge Gremiumsmitglieder wichtig für die Entwicklung der Gemeinde.

Sebastian Sefzig, 45, versteht die Aufregung nicht. Die Arbeit habe nicht zugenommen, sagt er, der seit 2009 die FDP im Gremium vertritt. Viel mehr sei es der Anspruch der Mitglieder, der Zeit koste. Anstelle von Zusammenfassungen würden alle Stellungnahmen im Original gefordert. "Ich halte die Arbeit für machbar", sagt der selbständige Architekt und Vater einer Tochter. Sechs bis acht Stunden investiere er pro Woche, "ich verlasse mich aber auch auf Gutachten und Aussagen von Fachbüros", sagt er. Eine versteckte Kritik an Akontz, die Bürgermeisterin Borst offen formuliert: "Die viele Arbeit basierte auf einem Grundmisstrauen, welches die Verwaltung an seine Grenzen brachte." So seien insbesondere von Akontz immer wieder neue Untersuchungen gefordert worden. Für die Grünen-Politikerin rückt Ricarda Weimar nach. Die parteifreie Juristin hat ebenfalls Job und Familie.

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