Rettung für ein Relikt:Unterschriftenaktion für die alte Sägewerksvilla

Mit Eröffnung der Bahnlinie nach Pasing und dem Holzhandel begann 1903 der Aufschwung Gilchings. Nun soll das historischen Gebäude abgerissen werden.

Von Christian Deussing

Noch immer droht der Abriss der Keck-Villa, das letzte Relikt des ehemaligen Sägewerksareals, das 1903 am Gilchinger Bahnhof Argelsried errichtet worden war. Denn der Gemeinderat könnte nun doch noch davon abrücken, die historische Villa zu erhalten - weil sie einer größeren Wohnbebauung für bis zu 30 preisgünstige Appartements an der Pollinger Straße im Wege stehen würde. Nachdem sich nun der Wind offenbar dreht, hat der Gilchinger Verein "Zeitreise" zu einer Unterschriftenaktion aufgerufen, um das Gebäude vor der Abrissbirne zu retten.

Rettung für ein Relikt: Arbeiter verladen Holz beim Sägewerk in Gilching-Argelried. Das Bild stammt vermutlich aus den zwanziger Jahren.

Arbeiter verladen Holz beim Sägewerk in Gilching-Argelried. Das Bild stammt vermutlich aus den zwanziger Jahren.

(Foto: Gemeindearchiv)

"Es sollte doch alles getan werden, alte Häuser zu erhalten, die sich in öffentlicher Hand befinden", fordert Annette Reindel, Vorsitzende des Gilchinger Vereins "Zeitreise". Es seien schon in der Vergangenheit so viele alte Villen verschwunden und für Neubauten geopfert worden, bedauert sie. Sie hofft jetzt auf möglichst viele Gleichgesinnte. Die Unterschriften sollen dann Ende April im Rathaus an Bürgermeister Manfred Walter (SPD) übergeben werden. Die Listen liegen im Schichtwerk-Museum, etlichen Geschäften und auch in der Bäckerei Boneberger aus.

Gilching Pollingstraße Villa

Die Keck-Villa am Gilchinger Bahnhof Argelsried soll für ein Wohnbauprojekt womöglich abgerissen werden. Dagegen regt sich jetzt Protest.

(Foto: Georgine Treybal)

Die Keck-Villa sei ein Zeugnis aus der Industrialisierung des noch dörflichen Gilchings, als dort 1903 mit der Eröffnung der Bahnlinie zwischen Pasing und Herrsching und dem Holzhandel auch der wirtschaftliche Aufschwung begonnen habe, erläutert Gemeindearchivarin Ursula Lochner. Die Chancen der Zeit habe der Zimmer- und Baumeister Melchior Fanger erkannt und das Sägewerk angemeldet, das 1920 Johann Bissinger übernahm und laut Archiv 1938 auf Max Keck angemeldet wurde. Dieser Unternehmer hat dann in den fünfziger Jahren auf seinem Sägewerksareal das Wohnhaus errichtet, in dem derzeit die "Gilchinger Tafel" und das Streetworker-Büro untergebracht sind. Für beide Einrichtungen würde die Gemeinde nach anderen Unterkünften suchen. Denn sollte die Villa erhalten bleiben, könnte sie für zehn preisgünstige Wohnungen umgebaut werden. Zudem soll im Erdgeschoss eine Kinderkrippe eingerichtet werden. Doch diese Variante, die vor Kurzem Judith Praxenthaler vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München dem Gemeinderat vorgeschlagen hatte, löste eine Kontroverse aus. Dabei lehnten etliche Räte dieses Konzept ab, weil damit viel zu wenig Wohnungen auf dem Grundstück geschaffen würden. Zudem sei von einer Krippe zuvor nie die Rede gewesen, monierten die CSU-Fraktion und Freien Wähler in der Sitzung. Dagegen warnte Bauamtsleiter Max Huber, nicht alte Bausubstanz zu beseitigen, und Gilching so "gesichtslos zu machen". Diese Entwicklung befürchtet aber die "Zeitreisen"-Vorsitzende Reindel, die nun auf große Resonanz ihrer Unterschriftenaktion zur Sägewerksvilla hofft. Darin eine Krippe unterzubringen, findet sie gut.

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