Was kann man mit grünem Strom alles anfangen? Kochen natürlich, Fernseher und Rechner betreiben, das E-Auto tanken. Oder aber: Sekt und andere Kaltgetränke kühlen für besondere Anlässe, wie in der Schlossberghalle in Starnberg. Dorthin hat am Montag die Energiegenossenschaft Fünfseenland (EGF) zusammen mit der Firma Bayernwerk geladen, um den Start eines neuen gemeinsamen Projekts zu feiern.
Die „Regio-Energie Starnberg-Ammersee“, kurz Resa, war Ende September an den Start gegangen, jetzt wurde das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. „Unser regionaler Strommarkt StarnbergAmmersee verbindet Erzeuger und Verbraucher, stärkt die Gemeinschaft und macht den Wert lokaler Energie sichtbar. Das ist der Weg in eine nachhaltige Zukunft“, sagte Marlene Greinwald, Tutzings ehemalige Bürgermeisterin, die gemeinsam mit Barbara von der Ropp der EGF vorsteht.
Das Ziel der Genossenschaft lasse sich laut Greinwald in drei Unterziele aufteilen: Man wolle erstens Strom aus der Nachbarschaft bereitstellen, auch deshalb, weil Menschen bei regionalen Produkten oft besseren Zugang zu Informationen haben. Zweitens wolle man mit der Erzeugung vor Ort die regionale Wirtschaft stützen. Und drittens sei das Ziel, die Region mit erneuerbarer Energie fit für die Zukunft zu machen.
Für Bayernwerk sei vor allem der lokale Bezug wichtig, sagte Christina Barchmann, Projektmanagerin bei Bayernwerk. Das Unternehmen, eine Tochter des Energieriesen Eon, betreibt solche regionalen Strommärkte bereits in mehr als einem Dutzend anderer Regionen und in damit mehr als 150 Kommunen. Die meisten davon sind in Bayern, zum Beispiel in Pullach im Isartal. Der potenzielle Kunde, sagte Barchmann, soll sich beim Bestellen des Tarifes vorkommen wie in einem „Hofladen“. Auch Ansprechpartner vor Ort seien wichtig.
„Wir stehen noch ganz am Anfang“
Derzeit ist in dem gemeinsamen Projekt von EGF und Bayernwerk nur eine einzige PV-Anlage mit einer Leistung von 115 Kilowatt installiert, die die EGF in Berg betreibt. 50 Kunden beziehen derzeit Strom der Resa. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, gab Barbara von der Ropp zu. Allerdings sei man derzeit in Verhandlungen mit anderen Betreibern, etwa dem Besitzer eines Wasserkraftwerks in der Nähe. Zudem plant die EGF mit Solarparks, die derzeit in Tutzing und Frieding entstehen. Wenn in den kommenden Jahren die Förderung von bestehenden Anlagen kleinerer Betreiber ausläuft, sollen diese in der EGF einen Platz haben. Nicht zu vernachlässigen sei auch der Genossenschaftsgedanke: Den Strom bereitzustellen sei ein Dienst an der Gemeinschaft.
Strom vor Ort zu erzeugen und diesen dann ebenfalls vor Ort ins Netz einzuspeisen, klingt erst einmal simpel. Das System dahinter ist allerdings höchst kompliziert – und zeigt die Grenzen der erwünschten Regionalität auf. Das liegt daran, dass inzwischen Hunderttausende, wenn nicht Millionen Kraftwerkbetreiber beteiligt sind – und das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Verglichen mit der Lage vor einigen Jahrzehnten, als es wenige, dafür umso größere Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke gab, ist die Situation heute um einiges komplexer und weniger stark zentriert. Jede Solaranlage, jedes Windrad speist Strom ins Netz ein. Wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht, springen Biogas- und Gasanlagen ein, um das Netz stabil zu halten.
Bei Dunkelflauten und in der Nacht wird Strom aus Wasserkraftwerken hinzugekauft
Streng genommen kann nicht garantiert werden, dass der in Berg erzeugte Solarstrom auch im Fünfseenland verbraucht wird – oder andersherum die Kunden der EGF ausschließlich erneuerbaren Strom aus der Region bekommen. Das hat ein Stromnetz so an sich. Am Ende geht es, sagte Thomas Oppelt, Geschäftsführer von Bayernwerk Regio Energie, am Montag in der Schlossberghalle, um die Strombilanz. Langfristig werde man garantieren, dass Strom in der Größenmenge der EGF-Anlagen angeboten wird. Weil die Genossenschaft bisher nur eine Solaranlage betreibt, kauft sie derzeit klimafreundlichen Strom aus den Wasserkraftwerken am Walchensee, am Lech oder in Gars am Inn zu, um etwa Dunkelflauten oder Nächte zu überbrücken.
Derzeit werden zwei Tarife angeboten. Ein Zwei-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Verbrauch käme auf einen Preis von knapp 63 Euro im Monat. Im kommenden Jahr, sagt Christina Barchmann, sei die Einführung eines sogenannten dynamischen oder smarten Tarifes geplant, bei dem die Kostenschwankungen auf dem Strommarkt im Sinne des Kunden weitergegeben würden. Mit dem Fünfseenland-Strom, einer Kooperation zwischen EGF und den Stadtwerken Landsberg, die im Mai endete, hängt das neue Angebot nicht zusammen.