Raubmord von Meiling:Tod in der Abstellkammer

Raubmord von Meiling: Polizisten durchkämmen die Wiese vor dem Anwesen im Seefelder Ortsteil Meiling, um Spuren der Täter zu sichern.

Polizisten durchkämmen die Wiese vor dem Anwesen im Seefelder Ortsteil Meiling, um Spuren der Täter zu sichern.

(Foto: Arlet Ulfers)
  • Drei Jahre nach einem brutalen Raubmord in Meiling (Landkreis Starnberg) beginnt vor dem Landgericht München II der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter.
  • Im September 2015 soll die Bande einen 72-Jährigen und seine damals 68 Jahre alte Frau in deren Haus überfallen und schwer verletzt in eine Besenkammer gesperrt haben.
  • Der Mann starb, die Frau wurde nach Tagen von einem Zeitungsboten gefunden und gerettet.

Von Christian Deussing

Der Rentner tritt nachts auf die Terrasse, um nachzuschauen, warum Labrador Lissy schon wieder bellt. Der 72-jährige Meilinger zündet sich noch eine Zigarette an. Kurz darauf wird der Hausherr mit einer Holzlatte und einer Eisenstange brutal niedergeschlagen und zusammen mit seiner Frau in eine Abstellkammer gesperrt. Die 67-jährige Frau überlebt nur knapp, ihr Mann stirbt neben ihr liegend wohl noch am gleichen Tag. Das Verbrechen in der Nacht zum 5. September 2015 erschütterte die Bevölkerung in der Region. Das arglose Ehepaar war in seinem Haus in Meiling bei Seefeld nachts überfallen worden - wegen einer Beute von 4500 Euro.

Acht Männer sollen die Tat verübt haben. Wegen ihrer gedrungenen Körperstatur werden sie als "Froschbande" bezeichnet, die sich jetzt wegen Mordes, Raubes mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht München II verantworten muss.

Der Prozess beginnt an diesem Dienstag, angesetzt sind 16 Verhandlungstage. Die Angeklagten sind zwischen 24 und 55 Jahre alt und teilweise miteinander verwandt. Geladen sind bislang 18 Zeugen, darunter auch Einwohner aus der weiteren Umgebung von Meiling. Denn der Clan soll am Tag vor der Tatnacht auch an anderen Haustüren geklingelt haben, unter dem Vorwand, einen Wasserkanister auffüllen zu wollen. Mit dieser Masche hatten die Täter nach Erkenntnissen der Kriminalpolizei bei Raubzügen in Österreich, Schweiz und Bayern meistens abgelegene Anwesen ausgespäht, in denen ältere Menschen wohnen. Den Ermittlungen zufolge geschah dies am 4. September zumindest auch in Herrsching - bevor die Bande in Meiling mit einer ähnlichen Methode am frühen Abend ihre späteren Opfer auskundschaftete.

Die Staatsanwaltschaft wirft den mutmaßlichen Tätern vor, den Tod des Ehepaares in Kauf genommen zu haben. Die Männer sollen das Haus in Meiling durchsucht, Geld und Schmuck im Wert von etwa 4500 Euro gestohlen haben und mit zwei Autos nach Österreich geflohen sein. Wenige Tage nach der Tat wurden sieben Mitglieder der "Froschbande" in einem Wiener Lokal verhaftet, ein achtes Clan-Mitglied konnte später gefasst werden. Inzwischen sind die Männer wegen ihrer Raubüberfälle in Österreich und auch in der Schweiz, wo sie vor der Meilinger Bluttat zugeschlagen hatten, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Nach dem Meilinger Überfall entdeckten die Ermittler DNA-Spuren am Tatort, die mit einigen der Personen übereinstimmten, die in Wien festgenommen worden waren.

Nun wird im Prozess wohl auch die Witwe des Mordopfers aussagen und ihren mutmaßlichen Peinigern im Gericht gegenübertreten müssen. Die Meilingerin lag damals hilflos zwei Tage neben ihrem Mann in der Kammer, der vermutlich schon Stunden nach den brutalen Attacken mit Knochenbrüchen an Kopf und Oberkörper gestorben ist.

Ein Zeitungsausträger hörte am Morgen des 7. September ihr schmerzerfülltes Wimmern und schlug Alarm. Kurz darauf trafen Kriminalpolizei, Rettungsdienst und Spurensicherung ein, zudem durchkämmten Polizisten den Garten und die Wiese vor dem Einfamilienhaus, um Hinweise auf die Täter zu finden.

Das Mordopfer war in seinem Dorf lange Zeit Feuerwehrkommandant und bis zu seinem Tod Mesner in der St. Margaretha-Kirche gewesen. Am angrenzenden Friedhof wurde der Rentner auch zu Grabe getragen. Pfarrer Roland Böckler versuchte, der Trauergemeinde Trost zu spenden und würdigte den toten Familienvater als ehrlichen Menschen, der in "unaufdringlicher Art offen für die Sorgen anderer" gewesen sei. Am offenen Grab hatte auch Seefelds Bürgermeister Wolfram Gum eine Rede gehalten, denn er kannte das Ehepaar als "bescheidene, fleißige und gläubige Menschen". Gum sprach auch von der "Zerstörung einer Familie, den Schmerzen und all dem Leid, das über den ganzen Ort gebracht" worden sei. Fast sein ganzes Berufsleben hatte der Meilinger als Elektrotechniker in einem Weßlinger Geschäft gearbeitet und galt als äußerst zuverlässiger und verdienstvoller Mitarbeiter.

In der Region ging in den Tagen nach dem Raubmord die Angst um. Eine Sonderkommission der Polizei erhielt 40 Hinweise aus der Bevölkerung. Bei der Trauerfeier in der vollbesetzten Dorfkirche wusste offenbar noch niemand etwas von dem Fahndungserfolg in Österreich, wo die mutmaßlichen Raubmörder von Meiling gefasst worden waren. Nun könnte das Verbrechen bald gesühnt sein - ein Urteil wird kurz vor Weihnachten erwartet.

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