Süddeutsche Zeitung

Ramadama unter Wasser:Klappstuhl und Schirmständer am Grund des Weßlinger Sees

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Der Polizeitauchsportverein räumt im Uferbereich auf. Insgesamt kommen drei große Tüten voller Unrat zusammen.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Zehn Minuten dauert es, bis Stefan Koschke vom Polizeitauchsportverein Starnberg bereit zum Abtauchen ist. Die Wassertemperatur des Weßlinger Sees hat neun Grad. Da zieht sich auch ein Taucher gerne warm an. Koschke schlüpft in seinen wattierten Overall. Dann steigt er in den Trockentauchanzug. Die Gummistiefel sind angenäht, die Handschuhe steckt er auf, so dass kein Tropfen Wasser eindringen kann. Kopfhaube, Flossen und Tauchermaske komplettieren das Outfit. Um mit all der Ausrüstung nicht zuviel Auftrieb zu haben, braucht Koschke einen 14 Kilo schweren Bleigürtel.

Der Taucher schnallt sich die Taucherflasche um, steckt sich das Mundstück in den Mund, greift nach dem Netz und gleitet in das grünlich schimmernde Wasser. Bald sieht man nur noch Luftblasen aufsteigen. Entlang der Liegewiesen, im Karpfenwinkel, an den Stegen und Badehütten wird er den Uferbereich unter Wasser von Müll befreien. Zum Unterwasser-Ramadama hatten sich vier Taucher und ein Schnorchler an der Liegewiese beim Kiosk eingefunden. Unterstützt wurden sie an Land von Umweltschützern der Münchner "Sea Shepard"-Ortsgruppe.

Zwei Stunden lang dauerte die Aufräumaktion unter Wasser. Immer wieder kamen die Taucher an die Oberfläche und reichten den Helfern am Ufer und auf den Stegen ihre vollen Sammelnetze."Die Sicht war recht trübe und der Müll mit Sedimenten bedeckt", berichtete Koschke. Nach einer Weile würde man aber einen Blick für die Dinge, die nicht in das Wasser gehören, entwickeln. Besonders schwer hatte es Thorsten Lück. Er plagte sich damit, einen mit Muscheln besiedelten Schirmständer aus Beton an Land zu bringen. Zuvor hatte er in zwölf Metern Tiefe die Belüftungsanlage des Sees inspiziert, Luftauslass und Filter gereinigt und alles von Schlamm und Muscheln befreit.

Die Ausbeute der Ramadama-Aktion war beachtlich: Drei Mülltüten voller Unrat wurden am Ende von der Gemeinde abgeholt und entsorgt. Viele Flaschen wurden vom Seegrund geborgen, "eine steckte mit dem abgebrochenem Flaschenhals nach oben direkt beim Einstieg am Steg", berichtete Lück. Wie leicht hätte hier ein Badegast im Sommer hineinsteigen und eine schlimme Schnittwunde bekommen können. Aus dem Wasser zogen die Helfer unter anderem noch einen Schlittschuh, einen Klappstuhl, ein Fahrradschloss, eine Sonnenbrille und eine Batterie.

Trotz des anstrengenden Tauchgangs war auch Zeit, um die Schönheit der Unterwasserwelt zu entdecken. "Ich habe einen Babyhecht gesehen", freute sich Koschke und zeigte mit Daumen und Zeigefinger die Größe des Fisches an. Lück hatte dagegen einen "richtig, großen Fisch" erspäht. "Wahrscheinlich ein Waller", vermutete er, doch bevor er ihn genauer begutachten konnte, war das Tier abgetaucht. Viel Laich habe an den Algen gehangen und sie hätten seltene Teichmuscheln gefunden. "Der See macht einen gesunden Eindruck", erklärt Koschke, der früher selbst in Weßling gelebt hat. Es ist das vierte Mal, dass die Taucher im See aufräumen. Das letzte Mal war vor zwei Jahren. "Im Vergleich zu damals haben wir dieses Mal viel weniger Müll gefunden", freute sich Koschke.

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Quelle:
SZ vom 01.04.2019
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