Bruterfolg:Störche trotzen Sauwetter

Obwohl die Eisheiligen und die Schafskälte den Vögeln zusetzten, könnte sich heuer am Südufer des Ammersees ein bislang unerreichter Bruterfolg einstellen: 14 Küken sind bereits beringt worden - und es gibt noch Nachzügler

Von Armin Greune, Raisting

Obwohl heuer Kälteeinbrüche und Starkregen das Südufer des Ammersees heimgesucht haben, wächst dort die größte Weißstorchpopulation Oberbayerns weiter an. In neun Nestern in Raisting und einem Horst in Fischen hatten Brutpaare Erfolg, nur auf einem Dach in der Raistinger Lichtenaustraße kamen Ende Mai alle vier Küken um. Die Experten vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Schutzgemeinschaft Ammersee (SGA) freuen sich über bis zu 20 Jungvögel, die Schafskälte und Eisheilige überstanden haben. 14 konnten am vergangenen Wochenende beringt werden, in vier Nestern war der Nachwuchs dazu noch zu klein.

Immer wieder war in den Vorjahren die Aufzucht der Jungen an ungünstigen Wetterbedingungen im Mai und Juni gescheitert: 2006, 2007 und 2010 erfroren oder verhungerten sämtliche Storchenküken in Raisting, 2012 kam nur ein einziges durch. Das Südufer des Ammersees galt lange wegen der Spätfröste und Starkregen als natürliche klimatische Verbreitungsgrenze der Weißstörche. Entscheidend für den Nachwuchs ist da oft der Bruttermin: Solange die Küken noch so klein sind, dass sie unter dem Federkleid der Eltern Platz finden, also "gehudert" werden können, überstehen sie Kälte und Nässe leichter. Und fast ausgewachsene Störche sind bereits durch die eigenen Federn weitgehend geschützt.

Raisting Störche

Stabile Sache: Störche nisten in einem der Stahlkörbe, die auf Raistinger Hausdächern montiert sind.

(Foto: Georgine Treybal)

Offenbar kam es der Kolonie am Ammersee heuer zu Gute, dass die Storchenpaare extrem früh oder spät mit der Brut begannen: Sieben Paare - darunter das noch unerfahrene und erfolglose an der Lichtenaustraße - hatten bereits Ende März oder Anfang April Eier. Drei nahmen die Brut Ende April auf, ihre mindestens sieben Jungen konnten deshalb noch nicht beringt werden. Gleiches gilt für zwei vermutlich erst zweijährige Störche, die am 10. Mai ihre Eier in einer etwas waghalsigen Selbstkonstruktion auf einem Strommast am Kirchenweg ablegten. Dort sind die Küken erst vor ein paar Tagen geschlüpft, am Wochenende konnte Wolfgang Bechtel vom LBV beobachten, wie sie gefüttert wurden.

Auch zwei weitere Neuansiedler haben ihr Nest in riskanter Nähe zu Stromleitungen auf dem Abluftkamin eines Bauernhofs an der Sölber Straße gebaut. Christine Fritzsche von der SGA verständigte deshalb das Versorgungsunternehmen, das die Strommasten isolieren ließ: "Die Leute von der Bayernwerk AG waren sehr freundlich und reagierten rasch", sagt die Raistinger Naturschutzwächterin. Ihnen ging es wohl nicht nur darum, die Todesfalle für Vögel zu entschärfen: Im vergangenen Jahr kam es zu 20 kurzen Stromausfällen im Raum Raisting, Pähl, Dießen und Utting, weil der Kotstrahl von Störchen Kurzschlüsse ausgelöst hatte. Bayernwerk investierte daraufhin 80 000 Euro und setzte den Masten sogenannte Aufsitzverhinderer auf: Glasfiber-Puscheln, die den Vögeln das Landen auf den Masten verleiden.

Raisting Storch Nest

Auch in Eigenkonstruktionen der Zugvögel stellte sich Nachwuchs ein. An die 20 Jungvögel kamen in Raisting und Fischen zur Welt.

(Foto: Georgine Treybal)

Investiert hatten auch die Artenschützer und ihre Sponsoren, die von 2003 an Nisthilfen mit Stahlkörben auf Hausdächern für die Störche montierten: Ein Horst kostete rund 2500 Euro. Mittlerweile vertrauen bereits fünf Raistinger Paare auf die eigenen bauphysikalischen Fähigkeiten. Und nur noch sechs der 22 Elternvögel tragen Ringe, die auf ihre Herkunft aus Zuchtstationen verweisen. Diese ausgesetzten Störche werden von Ornithologen kritisch gesehen, da sie oft verkümmerte Instinkte und ein kaum ausgeprägtes Zugverhalten aufweisen.

Seit einigen Jahren werden auch die in Raisting aufgewachsenen Jungvögel beringt. Heuer ist erstmals eine dieser Störchinnen bei der Brut identifiziert worden: Ihr Horst im Kloster Benediktbeuern ist der einzige im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Die Chancen stehen gut, dass die Kolonie am Ammersee auch heuer zu weiteren Storchansiedlungen im Oberland beiträgt: "Wir sind bis jetzt sehr zufrieden mit dem Storchenjahr", meint SGA-Vorsitzender Reinhard Grießmeyer. Beigetragen hat dazu das üppige Nahrungsangebot in den saftigen Raistinger Wiesen: "Nach dem milden Winter haben wir auch ein sehr gutes Mäusejahr", sagt Bechtel.

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