Raisting:So geht es mit dem Radom weiter

Eines der spektakulärsten Industriedenkmäler Deutschlands soll mehr als bisher der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Von Astrid Becker und Jessica Schober

Nach der Montage ist vor der Nutzung: Die Frage, wie das Radom nicht nur mit Luft, sondern auch mit Leben gefüllt werden kann, ist ungeklärt. Zuletzt hatten nur etwa 2500 Besucher im Jahr das weltweit einzigartige Industriedenkmal besichtigt. Die Radom Raisting GmbH, die zu 100 Prozent in Besitz des Landkreises Weilheim-Schongau ist, hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben, was in Zukunft machbar wäre. Die Ergebnisse, so erzählt Geschäftsführer René Jakob, sollen nun dem Kreistag vorgestellt werden. Der Förderverein "Industriedenkmal Radom Raisting" sieht damit eine neue Ära anbrechen: Erstmals seit der Stilllegung 1985 soll die Anlage einer breiteren Öffentlichkeit als bisher zugänglich gemacht werden.

Die Weilheimer Landrätin Andrea Jochner-Weiß, die die Arbeiten an der Erdfunkstelle am Sonntag besuchte, sieht Chancen, aus der stillgelegten Antennenanlage einen "Besuchermagnet" zu machen. Anders als beim Vorgängermodell ist die Innenhaut der neuen Antennenkuppel mit einer lichtundurchlässigen Zwischenschicht versehen. Wer die Kuppel betritt, steht also im Dunkeln, was dem Originalzustand des Radoms entspricht. "Jetzt könnte man auf die Innenwände etwas mit Licht projizieren", sagt Jochner-Weiß. Entscheiden müsse darüber aber letztlich der Kreistag.

"Es wird es vor allem darum gehen, was finanzierbar ist für den Kreis und welche Förderungen es geben könnte", sagt Jakob. Er geht zwar nicht im Detail auf die Inhalte der Machbarkeitsstudie ein, aber er spricht bereits über großflächige Projektionen im Hauptraum und unter der neuen Hülle der Antenne, die naturwissenschaftliche und technische Themen auf künstlerische Weise aufgreifen sollen. Diese Idee entstammt wohl bereits der Studie, die das Atelier "Tamschick Media+Space" hat. Demnach könnten auf dem Parabolspiegel Funkwellen mittels Laser sichtbar gemacht werden, während auf die 90 Meter lange Innenwand des Gebäudesockels ein Alpenpanorama projiziert wird. Thematisch abgehandelt werden sollen aber auch Technik und Geschichte des Radoms.

Technik und Naturwissenschaft - diese Themen entsprechen grundsätzlich auch denjenigen, die sich der Förderverein dargestellt wünscht. Gegründet hatte er sich 2004 mit dem Ziel, das Radom als Museum zu erhalten. Entstanden ist der Verein aus einer Gruppe von Mitarbeitern, die sich zusammengefunden hatten, als der reguläre Betrieb der Erdfunkstelle 1985 eingestellt wurde. Sie hatten sich in den Kopf gesetzt, die technischen Einrichtung dauerhaft zu erhalten. Aus gutem Grund: Die Deutsche Post beziehungsweise die Telekom hatte als Betreiber den Abriss immer wieder erwogen, bis es dann 1999 als Industriedenkmal eingestuft wurde. Sieben Jahre später hatte der Landkreis Weilheim-Schongau das Radom für einen symbolischen Preis von einem Euro erworben. Ein paar Jahre später entschied der Kreistag, es zu sanieren und ein Museum daraus zu machen, das der historischen Bedeutung der Erdfunkstelle gewidmet sein sollte. Das Ziel war es, das Gebäude einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bisher ist dies aber offenbar nicht recht gelungen, es gab in den vergangenen Jahren nur wenige Führungen, die Einnahmen blieben spärlich: 2018 etwa standen in der Radom Raisting GmbH 5000 bis 8000 Euro Ausgaben von 128 000 Euro gegenüber. Der Verein wünscht sich nun eine bessere Zusammenarbeit. Verwirklichen könne man das durch einen Beirat, wie die Vereinsvorsitzende Sabine Vetter sagt. Besetzt werden sollte dieser mit Tourismusexperten, Bürgern und Vereinsmitgliedern: "Weil viele davon echte Zeitzeugen sind, wo gibt es das denn heute sonst noch?".

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