Radschnellwege:Richtiges Ziel, falsche Route

Ohne Wohlwollen der Kommunen lässt sich das ambitionierte Projekt nicht verwirklichen. Das erweist sich als ernsthaftes Hindernis.

Kommentar von Michael Berzl, Starnberg

Mit einer Potenzialanalyse für Radschnellverbindungen im Großraum München hat es vor sieben Jahren angefangen. Und mit vielen Versprechungen: Sichere Fahrt mit 20 Stundenkilometern im Schnitt, ökologisch und gesund, in 40 Minuten vom See in die Stadt und umgekehrt. Das Fahrrad als echte Alternative zum Auto. Klingt gut, wäre wichtig und richtig. Aber jetzt sagen alle drei betroffenen Kommunen im Landkreis Starnberg: so nicht.

In Krailling etwa sollen die Pendler auf dem Rad, die schnell vorankommen wollen, ausgerechnet durch die gepflasterte Ortsmitte geführt werden, die so angelegt ist, dass dort langsam gefahren wird. Derzeit gilt dort Tempo 20. In Stockdorf soll der Schnellweg ausgerechnet an der Grundschule an der Zugspitzstraße vorbei führen, wo dann morgens Schülerpulks und Busse mit den Radlern auf dem Weg zur Arbeit kollidieren würden. In Gauting müssten an der Hangstraße all die Autos weg, die Anlieger bisher dort abstellen. Und die Starnberger brauchen eine für sie umständliche Route durchs Würmtal gar nicht, weil sie auf der Olympiastraße viel flotter Richtung München vorankommen. Und dazu kommen noch immense Ausgaben für finanziell klamme Kommunen.

Da ist offenbar etwas gründlich schief gelaufen in den vergangenen sieben Jahren auf dem Weg zur sogenannten Bestvariante. Einer Variante, die in den Augen der Kommunalpolitiker nicht die beste, sondern in Teilen sogar komplett ungeeignet ist. Es sind viele Details, die nun zu einem ernsthaften Hindernis werden.

Das liegt daran, dass das Pferd von hinten aufgezäumt wurde, dass zu wenig auf die Wünsche vor Ort geachtet wurde. Langjährige Kommunalpolitiker und passionierte Radler kennen die Verhältnisse am besten. Weil es ohne Wohlwollen von Stadt und Gemeinden aber nicht geht, wird aus dem großen Wurf, dem "Premiumprodukt", wie die Planer aus Köln schwärmen, erstmal nichts werden. Das Nein aus den Rathäusern verurteilt ein ambitioniertes Projekt zum Scheitern. Ein vielleicht überambitioniertes Projekt. Es erweist sich als zu groß angelegt, zu teuer, zu sperrig.

Und das ist schade. Denn die Idee, das Rad zu einer attraktiven Alternative zum Auto zu machen, ist natürlich richtig. Nicht mehr der tägliche Stau am Luise-Kiesselbach-Platz, nicht mehr Stop-and-Go auf dem Mittleren Ring, sondern gesund, geräuschlos und emissionsfrei zur Arbeit. Dieses Ziel ist nach wie vor richtig. Nur der eingeschlagene Weg dorthin erweist sich gerade als falsch.

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