Prozess:Radlerin im Paradies erwischt

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37-Jährige steht nach Streit mit Sicherheitsleuten vor Gericht

Von Christian Deussing, Pöcking

Die Frau fuhr an dem Tag mit Kopfhörern am Starnberger Seeufer im "Paradies" entlang, doch Radeln ist in dem Erholungsgelände in Possenhofen nicht erlaubt. Viele halten sich nicht daran - wie eben auch Ende Juni die 37-jährige Ärztin, die deshalb von zwei Sicherheitsleuten angehalten wurde. Die gestoppte Radlerin soll daraufhin die beiden Männer als "Abzocker und Betrüger" laut beschimpft haben. Das Aufsichtspersonal fühlte sich gekränkt und erstattete gegen die Münchnerin Anzeige wegen Beleidigung. Die Radlerin erhielt einen Strafbefehl von 3000 Euro (30 Tagessätze zu 100 Euro).

Doch gegen diese saftige Geldstrafe legte die Medizinerin Einspruch ein und versicherte am Donnerstag vor dem Amtsgericht Starnberg, das Verbotsschild in einer Hecke am Seeufer übersehen zu haben. Zudem hätten sich die Sicherheitsmitarbeiter zunächst nicht ausgewiesen. Der Jüngere der beiden sei "immer aggressiver" geworden, weswegen sie Angst bekommen habe, erzählte die Angeklagte. Sie stritt die Beleidigung ab, räumte aber ein, auch nicht ganz ruhig gewesen zu sein. Die Frau gab im Prozess an, bei der Kontrolle nur gesagt zu haben: "Viel Spaß noch bei der Abzocke." Die Äußerung sei sicher "blöd und unnötig" gewesen, doch sie habe bei der Fahrradfahrt wegen Unterzuckers auch Probleme gehabt, führte sie an.

Er werde bei monierten Regelverstößen und Rundgängen oft beschimpft, bleibe aber bei den Kontrollen immer sachlich, erklärte der 56-jährige Mitarbeiter einer Münchner Sicherheitsfirma. Es habe ihn aber der Vorwurf der Radfahrerin in der Ehre verletzt, "nichts Gescheites gelernt" zu haben, denn sonst würde man ja so einen Job nicht ausüben. Auf Nachfrage des Amtsrichters sagte er aber auch, dass sich sein deutlich jüngerer Kollege in der Situation auch nicht ganz beherrscht habe und "manchmal etwas hitzig" sei. Der 22-Jährige, der sich noch in der Ausbildung befindet, beteuerte, sie recht ruhig belehrt und der Radlerin auch noch 20 Meter weiter das Schild für das Durchfahrtsverbot gezeigt zu haben. Zudem habe er eine Uniform getragen, sei also als Aufsicht erkennbar gewesen. Der Richter befand, die Situation sei "etwas hochgeschaukelt und aus dem Ruder gelaufen". Er kenne das Dauerproblem mit Radlern im Paradies, riet aber dem jungen Kontrolleur, sich künftig beschwichtigend zu verhalten. Die Männer nahmen ihre Anzeigen zurück, die Frau muss nur die Gerichtskosten von etwa 150 Euro bezahlen.

© SZ vom 26.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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