Provisorium:Wintermantel fürs Industriedenkmal

Raisting Radom

Eine provisorische Einhausung soll vorerst nur das untere Drittel der Parabolantenne und die Technik des Radoms schützen. Für eine Instandsetzung des Bauwerks und eine neue Hülle, die im kommenden April oder Mai aufgezogen werden soll, betragen die Gesamtkosten rund 2,5 Millionen Euro.

(Foto: Georgine Treybal)

Sturmtief "Bianca" beschädigt im Februar das Raistinger "Radom". Die historisch bedeutsame Anlage aus den Pioniertagen des Satellitenfunks soll vor Einbruch des Winters provisorisch mit einer Hülle geschützt werden

Von Armin Greune, Raisting

Das vom Sturmtief Bianca Ende Februar entblößte Radom soll im Frühjahr eine neue Hülle erhalten. Um den kommenden Winter ohne weitere Schäden zu überstehen, wird die Antenne in diesen Tagen mit einer provisorischen Einhausung versehen, die nur das untere Drittel der Parabolantenne und die Technik darunter vor der Witterung schützt. Trotzdem kommt dieser nur einmal genutzte Wintermantel für das fast 40 Meter hohe, weltweit einzigartige Industriedenkmal den Landkreis Weilheim-Schongau teuer zu stehen: "Dafür kann man schon ein schönes Häuschen bauen", sagt Rene Jakob, konkrete Zahlen will der Geschäftsführer der kreiseigenen Radom GmbH noch nicht nennen.

Die Kosten für die neue Hülle, die im kommenden April oder Mai aufgezogen werden soll, schätzt Jakob inklusive Transport und Montage auf eine runde Million. Insgesamt sind voraussichtlich 2,5 Millionen Euro nötig, um die historisch bedeutsame Anlage aus den Pioniertagen des Satellitenfunks wieder instand zu setzen. Für den Schaden kommt die Versicherung auf.

In der Nacht zum 28. Februar waren am Radom Windgeschwindigkeiten bis zu 121 Stundenkilometer gemessen worden. Der einseitige Druck des Sturms verformte die 10,5 Tonnen schwere, zehn Jahre zuvor aufgezogene Polyesterhülle, die sich von Tragluft gestützt über die ehemalige Antenne 1 der Erdfunkstelle spannte. Die daraus resultierende Zugbelastung verlief diagonal zu den Verstärkungen, worauf die 5200 Quadratmeter große Schutzfolie in drei Teile zerriss. Obwohl die Feuerwehr die Anlage provisorisch abdeckte, nahm die Technik in den ersten Tagen nach dem Unglück Schaden: Die durchnässte Antenne wurde thermisch stark beeinträchtigt, seither ist deshalb die Stromversorgung aus Sicherheitsgründen unterbrochen.

Weil die Antenne von Sturmböen um 15 Grad gedreht wurde, könnten auch die Antriebe beschädigt worden sein. Um die Sende- und Empfangsstation noch einmal für Forschungszwecke in Betrieb nehmen zu können, wären mindestens 1,5 Millionen Euro erforderlich: Das sei jedoch "aktuell mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich", teilt Landrätin Andrea Jochner-Weiß auf eine diesbezügliche Anfrage des Fördervereins Radom mit.

Die Bedenken des Vereins, dass sich die neue Hülle nicht montieren lasse, ohne die Antenne zuvor in Zenitrichtung zu bewegen, teilt die Radom GmbH nicht: Fachfirmen hätten inzwischen bestätigt, dass die Montage auch in der aktuellen Position möglich sei. Inwiefern die neue Schutzhaut auch für großflächige "Raumprojektionen" dienen soll, wird derzeit noch überprüft: Der Landkreis hat dazu Ende Juli eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Tourismusexperten sollen mit einer Potenzialanalyse Vorschläge erarbeiten, wie das Radom künftig etwa durch Multimediaangebote attraktiver gestaltet werden kann. 2019 hatten sich knapp 5000 Besucher eingefunden - dank der Sonderausstellung zum Jubiläum der Mondlandung immerhin doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Die Ergebnisse der Studie sollen Ende des Jahres vorgestellt werden.

Zunächst aber wird nun ein 50 mal 50 Meter großes und bis zu elf Meter hohes Gerüst errichtet, eine darüber gespannte Plane soll den Betriebsraum und die Betonkonstruktion darunter vor eindringendem Wasser und Frostrissen schützen. Wenn die Statikprüfung vorliegt, die für das denkmalgeschützte Sonderbauwerk erforderlich ist, wird die Ausschreibung für Produktion und Montage der neuen Hülle erfolgen. Dafür kämen in Deutschland vier oder fünf Firmen in Frage, sagt Jakob.

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