Protest gegen AfD:Herrsching ist bunt

Protest gegen AfD: „Menschenrechte statt rechte Menschen“ steht auf einem der Plakate. Die Zahl der Demonstranten übertrifft alle Erwartungen.

„Menschenrechte statt rechte Menschen“ steht auf einem der Plakate. Die Zahl der Demonstranten übertrifft alle Erwartungen.

(Foto: Arlet Ulfers)

Etwa 400 Menschen demonstrieren gegen eine Veranstaltung der AfD im Kurparkschlösschen. Mobilisiert haben sie der 20 Jahre alte Schüler Adrian Fuchs und seine Mitstreiter.

Von Christian Deussing und Carolin Fries

Plakate, Buhrufe, Pfiffe: Etwa 400 Menschen haben am Dienstagabend gegen eine Veranstaltung der AfD in Herrsching demonstriert. "Nein zu Rassismus" stand etwa auf einem Transparent und auf einem anderen "Herrsching ist bunt". Die 21-jährige Sophia Doyle forderte auf ihrem Plakat: "Menschenrechte statt rechte Menschen". Die Studentin sagte: "Es kann nicht sein, dass sich die AfD im Kurparkschlösschen trifft." Der örtliche Kulturverein hatte die Villa an die Partei vermietet - und damit Aufregung in Herrsching ausgelöst. Die Vorsitzende war daraufhin zurückgetreten.

Mittendrin im Getümmel im Kurpark steht Adrian Fuchs in gelber Warnweste und mit Megafon. Der 20 Jahre alte Herrschinger hat die Demonstration zusammen mit Freunden organisiert. Als die Veranstaltungsankündigung der AfD in der vergangenen Woche in der Whatsapp-Gruppe des Freundeskreises die Runde machte, "war klar, dass wir was machen müssen", erzählt er, "ein Zeichen setzen gegen die von Hetze und Diskriminierung geprägte Politik der AfD". Er sei dann regelrecht überrascht gewesen, wie einfach eine Demo angemeldet ist: "Ein Antrag beim Landratsamt, ein Kooperationsgespräch, fertig."

Protest gegen AfD: Seine erste politische Aktion: Adrian Fuchs (2. v. l.) hat die Demonstration zusammen mit seinen Mitstreitern Marcel (l.), Charlotte und Simon organisiert.

Seine erste politische Aktion: Adrian Fuchs (2. v. l.) hat die Demonstration zusammen mit seinen Mitstreitern Marcel (l.), Charlotte und Simon organisiert.

(Foto: Arlet Ulfers)

Es ist die erste politische Aktion des Schülers

Zuspruch fanden er und seine Freunde bei den knapp 50 Chatmitgliedern, die laut Fuchs zwischen 17 und 26 Jahre alt sind und überwiegend in Herrsching leben. "Viele haben sich als Ordner angeboten, wollten Plakate mitbringen oder anders helfen." Dass sein Name auf dem Demonstrationsantrag steht und er damit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses ist, sei reiner Zufall, es handele es sich um ein Gemeinschaftsprojekt. Vor allem Simon Rabe und Lotti Kaufmann hätten die Anti-AfD-Demo unterstützt.

Für Adrian Fuchs ist es die erste politische Aktion, mit der er in seinem Heimatort in Erscheinung tritt. An der Demonstration gegen das von der Gemeinde verordnete Alkoholverbot vor zwei Monaten an der Seepromenade ("Das nervt") hätte er gerne teilgenommen, war aber verreist. Bis zu diesem Dienstagabend kannten ihn viele in Herrsching deshalb vor allem als Gast der "Bayerischen Brandung", wo er sich gerne mit Freunden auf eine Partie Schafkopf trifft. Ansonsten stand er 2015 bei der Abschlussfeier seines Jahrgangs an der Realschule auf der Bühne, wo er als Schülersprecher aktiv war. "Das schulpolitische Zeug macht mir Spaß", sagt Fuchs, der in diesem Schuljahr sein Abitur an der FOS in Fürstenfeldbruck machen will, um danach Jura zu studieren.

Ein kommunalpolitisches Engagement scheidet für ihn deshalb aus - "wer weiß, wo ich einen Studienplatz bekomme". Zudem bezweifelt er, ob er seinen Mitstreitern ein angenehmer Genosse wäre: "Wenn ich eine Meinung habe, dann sage ich die auch, egal ob sie den Parteivorsitzenden gefällt." Er bezeichnet sich selbst als "sozialdemokratisch liberal", nennt Gregor Gysi ein persönliches Vorbild und wünscht sich, dass die SPD "wieder zurück ins Spiel kommt". Den Ursprung seines politischen Interesses sieht er in der Familie: Vor allem seine Großeltern hätten schon früh mit ihm über politsche Themen gesprochen, allerdings ohne parteipolitische Färbung. Das sei auch der Grund, weshalb er sich parteipolitisch nicht festlegen will. "Ich habe zu jedem Thema meine eigene Meinung".

Die AfD zahlte 85 Euro Miete für die prächtige Villa

Der Zuspruch zur Demonstration übertraf alle Erwartungen: Fuchs hatte mit hundert Teilnehmern gerechnet. Alles blieb friedlich, resümierte der Herrschinger Polizeivize und Einsatzleiter Thomas Müller. An der Demo beteiligten sich etwa Jürgen Schade von der Kontaktgruppe der Helferkreise im Landkreis, die grüne Landtagskandidatin Anne Franke und die Herrschinger SPD.

Auch Mitglieder des örtlichen Kulturvereins nahmen teil, welcher das Kurparkschlösschen für 85 Euro an die AfD vermietet hatte. Ein Fehler, wie die Vorsitzende Margit Metz bekannte, die am Montagabend zurücktrat. Rechtlich sei es nicht möglich gewesen, den von ihr verantworteten Mietvertrag "ohne eventuell unübersehbare hohe Kosten für den Kulturverein und für mich persönlich aufzulösen", teilte sie mit.

Die Demonstration übertönte teils den Vortrag der AfD im Kurparkschlösschen. Teilnehmer des Parteitreffens filmten die Gegendemonstranten vom Balkon der prächtigen Villa. Darin blieben Sitze frei. Die AfD konnte etwa 40 Gäste begrüßen, gerechnet hatte sie mit bis zu hundert.

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