Porträt:Gift, Lügen und Betrug

Porträt: Der Regisseur und Filmemacher Bertram Verhaag befasst sich seit Jahren mit der Agrarindustrie.

Der Regisseur und Filmemacher Bertram Verhaag befasst sich seit Jahren mit der Agrarindustrie.

(Foto: Arlet Ulfers)

Regisseur Bertram Verhaag befasst sich seit Jahrzehnten mit den Gefahren der modernen Landwirtschaft

Von Blanche Mamer, Starnberg

Die ersten fünf Jahre seines Lebens hat er auf einem Bauernhof am Niederrhein verbracht, hat als kleiner Knirps die Hühner auf die abgeernteten Stoppelfelder getrieben, Kartoffel geklaubt und ganz schön viel geholfen. Seine Mutter war während des Krieges aus Oberschlesien geflüchtet und bei Verwandten untergekommen. Möglicherweise hat das von heute aus gesehene idyllische Leben zum Ende der 1940er Jahre seine Affinität zur Landwirtschaft nachhaltig geprägt. Seit 1975 hat der Regisseur und Produzent Bertram Verhaag mehr als 30 Filme gedreht, die sich mit der modernen Landwirtschaft, den Gefahren der Agrogentechnik, aber auch mit Beispielen alternativen Lebens und biologischem Anbaus beschäftigen. Nach der sehr erfolgreichen Dokumentation "Der Bauer und sein Prinz" über die riesige ökologisch bewirtschaftete Farm von Prinz Charles in Südengland läuft nun sein neuer Dokumentarfilm "Code of Survival" (Das Ende der Gentechnik) als Deutschlandpremiere auf dem Fünfseen-Filmfestival in Starnberg und Seefeld in der Reihe Horizonte Filmpreis. Mit diesem Film will Verhaag zwar einerseits den Irrsinn der industriellen, von Chemiekonzernen abhängigen Bauern demonstrieren, jedoch auch erfolgreiche Alternativen aufzeigen. Während die weltweit aktiven Chemieriesen mit Lügen, Betrug und Lobbywirtschaft arbeiten und Monsanto beispielsweise Jahr für Jahr Millionen Tonnen Roundup mit dem Hauptwirkstoff Glyphosat verkaufen, die auf die Felder gesprüht werden, wehrt sich die Natur. Es bilden sich resistente Unkräuter, die sich nicht nur rasant vermehren, sondern auch extrem wachsen und alle Nutzpflanzen überwuchern und abtöten. Nein, Glyphosat sei ungefährlich, ein ganzes Glas zu trinken, das schade niemandem, sagt einer der Konzernchefs im Film. Auf die Aufforderung: Machen Sie's, wir haben was dabei, lehnt er ab mit den Worten: "Nein, ich bin doch keine Idiot!" Das müsste eigentlich reichen, um weitere Genehmigungen zu verhindern. "Für mich liegt die Gentechnik in den letzten Zügen", sagt Verhaag. Dauerhaft zukunftsfähig sei die kleinteilige ökologische bäuerliche Landwirtschaft.

"Wenn man erst mal begriffen hat, dass die Gentechnik unser wichtigstes Gut, den Boden, der uns ernährt, zerstört, kann man nicht mehr dafür sein." Die größte Aufgabe sei, den misshandelten Boden zu heilen und mit Ehrfurcht zu behandeln. Wie das funktionieren kann, zeigt er in seinem neuen Film am Beispiel der auf 2000 Meter Höhe liegenden Teeplantage Ambootia in Indien und dem Projekt Sekem, einer vor 40 Jahren gegründeten biologischen Farm in der Sahara. Dass es geht, davon überzeugt auch die biologische Schweinemast des unbequemen Bayern Franz Aunkofer, der den gleichen Ertrag erwirtschaftet, wie in der konventionellen Mast - und das ohne einen Tropfen Gift.

"Ich wollte die positiven Entwicklungen herausstellen und Hoffnung machen", betont er. An seine Protagonisten komme er durch seine Vernetzung mit ökologischen Landwirten und über Verbindungen aus früheren Filmen. "Wenn ich von besonderen Menschen erfahre, versuche ich sie und die Projekte kennen zu lernen. Manchmal braucht es lange, bis daraus ein Film wird. Und - man muss findig sein." Bestes Beispiel ist der Film über Prinz Charles und seine Art, das Land zu bewirtschaften. Der Kronprinz habe schon vor 30 Jahren erkannt, dass man Bauern nur mit praktischen Beispielen überzeugen kann. Vom Pressebüro des Prinzen habe er zunächst nur Absagen bekommen, erzählt Verhaag. Als der Prince of Wales zu einer Mitgliederversammlungen der Biodyn-Organisation Ifoam eingeladen war, nutzte Verhaag die Gelegenheit, über einen Kollegen mit Beziehungen zum britischen Hof, dem königlichen Landwirt eine DVD und einen Brief zukommen zu lassen.

"Eine Woche später kam die Einladung auf die Farm, was bis dahin nicht einmal der BBC gelungen war." Doch die Verhandlungen waren langwierig und anstrengend. Vier Drehtage wurden dem Team zugestanden, verteilt auf fünf Jahre. Für "Code of Survival" hat er nicht ganz so lange gebraucht - viereinhalb Jahre insgesamt, allerdings mit eineinhalbjähriger Pause, wegen einer Fußoperation.

Der 72-jährige Filmemacher aus München kommt zu den Vorstellungen an diesem Freitag, 19 Uhr, Schloss Seefeld und an Samstag, 30. Juli, 13 Uhr, im Kino Starnberg.

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