Angefangen hat alles mit einer Postkarte von König Ludwig II. in einem goldenen Schlitten. Die Ansicht hat Peter Fenkl so gut gefallen, dass er sie für zehn Mark auf der Auer Dult gekauft hat. Das war vor 40 Jahren der Auslöser für Fenkls Sammelleidenschaft. Seither hat er keine Versteigerung, keine Ausstellung und keinen Flohmarkt ausgelassen. Heute umfasst seine Sammlung mehr als 600 unterschiedliche Motive mit Ansichten rund um den Starnberger See und füllt zehn Ordner. Die König-Ludwig-Karte ist noch heute das Herzstück seiner Sammlung. "Wenn man so etwas anfängt, das ist wie eine Sucht", sagt der Pöckinger.
Fenkl ist fest verbunden mit seinem Heimatort. Die ersten 18 Jahre seines Lebens hat er im Schloss Possenhofen verbracht, in dem damals im Zweiten Weltkrieg ein Lazarett untergebracht war. Sein Vater war Orthopädietechniker und hat für die verwundeten Soldaten Prothesen angefertigt. Daher liegen ihm die Ansichten vom Schloss und von Possenhofen besonders am Herzen. "Sehen Sie, da oben im Turm, das war mein Zimmer", erklärt er und deutet auf eine Ansichtskarte, auf der das Turmfenster zu sehen ist. Da es im Schloss damals keine Heizung gegeben habe, hätten sich im Winter Eisrosen an den Wänden in seinem Zimmer gebildet. "Aber das Sisi-Sammeln ist mir geblieben", erklärt Fenkl. Zumal er durch seine Sammelleidenschaft ein gefragter Experte geworden ist.
Zuletzt beispielsweise hat ein Journalist bei ihm über Details recherchiert zu den Münchner Rex-Motoren-Werken der Gebrüder Bagusat. Nach dem Krieg wurden auf dem Schlossgelände Teile für das Moped hergestellt. Die Familie Bagusat, die das Anwesen später verkaufte, lebt heute noch in Possenhofen. Auch bei Sendungen des Bayerischen Rundfunks, bei "Wir in Bayern" und der "Bayerntour", war Fenkl schon zu Gast. In verschiedenen Ausstellungen waren seine Ansichtskarten ebenfalls schon zu sehen. Dann melden sich häufig Menschen bei ihm, die ihm Ansichtskarten aus einem Nachlass anbieten.
Fenkl besitzt auch eine Karte mit einer Rundumansicht von Starnberg. "Das sind Raritäten", sagt der Sammler
Fenkl besitzt keine Postkarte doppelt. Falls er einmal eine zweite mit der gleichen Ansicht bekommt, tauscht er sie mit anderen Sammlern. Vieles läuft heutzutage übers Internet, allerdings sind die Karten, die dort versteigert werden, oftmals teuer. Manchmal werden 60, 100, ja sogar bis zu 150 Euro verlangt. Das liege auch daran, wie und wo sie abgestempelt wurden, beispielsweise, wenn sie den Stempel eines Zuges oder der Bayerischen Seenschifffahrt tragen, erklärt der 73-Jährige. Früher gab es auch noch keine Postleitzahlen, sodass die Andressen oft sehr ausführlich waren. Zu lesen ist das etwa auf einer Karte aus dem Jahr 1910 an das "Hochwohlgeborene Fräulein Resi Poelt, Gutsbesitzerstochter in Pöcking".
Die ersten Postkarten gab es laut Fenkl übrigens 1875. Mit der Bahnlinie zum Starnberger See kamen die Touristen und mit ihnen die Ansichtskarten, erklärt der Sammler. Die älteste Karte, die Fenkl besitzt, stammt aus dem Jahr 1882, mit einem aufgedruckten Gedicht: "Ein See liegt von München gar nicht weit". Sehr selten sind Karten, wie etwa eine Rundumansicht von Starnberg aus dem Jahr 1899 oder ein Faltbrief von 1919, auf dem Bilder und Werbung von Gasthäusern am Starnberger See und Geschäften, die Verpflegung anboten, zu sehen sind. "Das sind Raritäten. So etwas habe ich nie wieder gesehen", sagt Fenkl.
Vom Gasthof Schauer besitzt der Sammler zahlreiche Ansichten aus verschiedenen Jahrhunderten, die älteste ist von 1899. Damals war das Hotel sehr bekannt am Starnberger See und hatte schon Tennisplätze. Bis in die 1950er Jahre wurden auf der Schlosswiese Reitturniere veranstaltet. Meistens waren die Ansichten schwarz-weiß und wurden in einem eigenen Verfahren nachnachkoloriert.
Auch Kunstkarten und Lithografien gab es. Die Ansichten mancher Künstler, wie etwa des Münchner Landschaftsmalers Michael Zeno Diemer, sind damals laut Fenkl sehr gut bezahlt worden. Er hat eine eigene Sammlung ausschließlich mit Landschaftsbildern des Künstlers angelegt. "Damals haben die immer getrickst", erklärt er. Bei manchen Ansichtskarten beispielsweise liegt die Zugspitze direkt hinter Pöcking.
Regelmäßig holt der Sammler seine Ordner aus dem Bücherregal und versucht die Geschichte hinter jedem Motiv zu ergründen. Es ist ihm wichtig zu eruieren, ob ein Gebäude, das auf einer Karte zu sehen ist, heute noch steht. Auch den Text analysiert er, wie etwa die Feldpost von drei Pöckinger Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Etwas Besonderes ist die Ansichtskarte, auf der die Villa des Opernsängers Heinrich Knote mit Bananenstauden vor der Terrasse zu sehen ist. Knote hatte damals in einem Starnberger Geschäft eine Weinbestellung aufgegeben. Eine Postkarte wurde von Pöcking nach Kanada verschickt, eine andere zur Deutschen Botschaft nach Washington. Auf welchen Wegen sie wieder nach Pöcking zurückkamen, weiß Fenkl nicht. Der Sammler betrachtet die Motive und das Datum, wann die Karte verschickt wurde. Und immer wieder stellt er Veränderungen fest zwischen damals und heute.
Bei einer Ansicht von der Ulrichskirche steht ein Maibaum davor. Damals gab es die Pfarrkirche Sankt Pius noch nicht, vor der der Maibaum heute steht. Eine Karte zeigt den Bernrieder Hof, den es schon lange nicht mehr gibt. Vom Hotel Bellevue hat der Sammler zehn verschiedene Ansichten. Es steht heute noch und heißt jetzt Hotel Sisi. Der Eigentümer habe ihm die Karten abkaufen wollen. Doch er bekam nur vergrößerte Kopien. "Ich verkaufe nichts", betont Fenkl.