Mit einem derartigen Interesse hatten die Veranstalter nicht gerechnet: Rund 100 Pöckinger sind einer Einladung der Gemeinde gefolgt, um sich über die geplante Freiflächen-Photovoltaik-Anlage in der Nähe der General-Fellgiebel-Kaserne im Ortsteil Maising zu informieren. Auf einem 4,2 Hektar großen, gemeindeeigenen Areal soll eine Photovoltaik-Anlage mit einer Stromleistung von 4,8 Megawatt entstehen. Derzeit liegt der Anteil an erneuerbaren Energien durch Dach-Photovoltaik in Pöcking nach Angaben von Bürgermeister Rainer Schnitzler bei 8,1 Prozent. Sobald die Großanlage fertiggestellt ist, könnte der Anteil auf mehr als 30 Prozent steigen.
Lange hatte der interfraktionelle Arbeitskreis „Klimadialog“ nach einem geeigneten Grundstück gesucht; die Planungsverfahren sind langwierig. Bereits vor zwei Jahren hatte der Gemeinderat einen entsprechenden Grundsatzbeschluss gefasst und leitete ein Bebauungsplanverfahren ein. Sollte die Baugenehmigung, wie erhofft, im kommenden Jahr erteilt werden, wäre das nach Erfahrungen des beauftragten Ottobrunner Partnerunternehmens „Energisto e.G.“ eines der schnellsten Verfahren überhaupt, in dem ein Projekt zur Erzeugung von nachhaltiger Energie umgesetzt wird.
Bislang wurde ein Anlagen-Entwurf sowie ein Business-Plan erstellt, das Bebauungsplanverfahren eingeleitet und die erforderlichen Bodengutachten eingeholt. Weil sich die Gemeinde ein Bürgerbeteiligungsmodell wünscht, wurde vergangene Woche die „Genossenschaft Energie e.G. Pöcking“ gegründet. Damit sei die Gemeinde außen vor, erklärte der Rathauschef. Sie bekommt lediglich Geld für die Verpachtung des Areals. Über die Weiterentwicklung des Vorhabens werde künftig allein die Genossenschaft entscheiden. Nun sollen sich möglichst viele interessierte Bürger aus der Region beteiligen: Rund 100 Mitglieder werden gesucht. Jedes Mitglied hat bei Entscheidungen eine Stimme – unabhängig davon, ob es einen Mindestanteil von 1000 Euro oder maximal fünfmal so viel erwirbt. Die Anteile können auch gekündigt oder weiterverkauft werden.
„Die PV-Anlage ist kein Konkurrent für die Lebensmittelerzeugung.“
Geld in nachhaltige Energie zu investieren und dabei auch noch eine Rendite von bis zu fünf Prozent zu erwirtschaften, das klingt gut. Es hat aber auch Nachteile, erläuterte Pöckings Energiereferent Christian Hörndl (SPD), der selbst Landwirt ist. So steht die Fläche nicht mehr für die Erzeugung von Lebensmitteln zur Verfügung, lautete ein Einwand. Doch auch bei Golfplätzen oder Pferdeweiden sei die Fläche für die Agrarwirtschaft nutzbar, entgegnete Hörndl. Und um die gleiche Strommenge mit einer Biogasanlage zu erzeugen, müssten 40 Hektar Mais angebaut werden. Hörndls Fazit: „Die PV-Anlage ist kein Konkurrent für die Lebensmittelerzeugung.“

„Jetzt ist es kurz nach der Geburt“, sagte Energisto-Vorstandsmitglied Bernhard Thiersch, mit dem die Gemeinde erst kürzlich einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen hat. Das Unternehmen wird das Projekt bis zum Bau, Betrieb und Vermarktung begleiten, die Verwaltung übernehmen und mit Banken verhandeln, um Kredite zu bekommen. Finanzvorstand Marc Iori erklärte, dass Energisto ebenfalls Kapital in Höhe von etwa 150 000 Euro in die insgesamt 2,4 Millionen Euro teure Anlage investieren wolle.

Auch eine Weiterentwicklung ist vorgesehen. Allerdings kann die Anlage nicht auf Nachbargrundstücke ausgeweitet werden, weil diese Flächen laut Hörndl als „entwässerte Moore“ eingestuft sind und Photovoltaik daher ausgeschlossen ist. Der Bau eines Speichers sei zwar im Bebauungsplan vorgesehen, um ein Abschalten der Anlage durch die Strombetreiber zu verhindern. Das könne derzeit aber nicht umgesetzt werden, da die Speichertechnik noch zu teuer und daher unrentabel sei.
Bei der anschließenden Diskussion kamen weitere Einwände, darunter eine Frage zur Umweltverschmutzung durch Abrieb der Module bei Sturm und Hagel. Auch dass derzeit nur die Einspeisung ins Stromnetz der Energieversorger möglich ist und die Pöckinger die umweltfreundliche Energie nicht selbst direkt nutzen können, wurde kritisiert. Zwar gibt es Unternehmen, die Bürgerstromtarife anbieten, dies ginge aber zulasten des Gewinns, sagte Thiersch. Nicht einmal die direkt daneben liegende Kaserne könnte den umweltfreundlichen Strom abnehmen, da die Bundeswehr Thiersch zufolge ihren Strom zentral einkauft.
Ein Besucher zeigte sich derweil erfreut darüber, dass die Anlage einen Gewinn von 250 000 Euro im Jahr erwirtschaften könnte. Doch Thiersch brachte ihn auf den Boden der Realität zurück: Vom Umsatz müssen noch Grundstückspacht, rund 100 000 Euro an Zins und Tilgung sowie etwa 60 000 Euro für die Geschäftsführung abgezogen werden. In den ersten Jahren bleibe somit nur ein Gewinn von 10 000 Euro nach Steuern übrig. Aber bis zum Jahr 2045, wenn der Kredit abbezahlt ist, könnte der Gewinn auf 89 000 Euro anwachsen, tröstete er.
Weitere Informationen zur Genossenschaft Energie e.G. Pöcking finden sich unter www.power-fuer-poecking.de im Internet.