Gastronomie in der Pandemie:Diese Trattoria liefert Speisen - ohne Plastikmüll

Lesezeit: 2 min

Das "Garibaldi" in Pöcking bringt Pasta oder Fleisch in Glasschüsseln und das ganz ohne Pfand. Der Fisch wird erst beim Kunden filetiert.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Als der Pöckinger "Garibaldi"- Wirt Michael Heinen während des ersten Lockdowns im März durch den Ort ging, sah er Unschönes: Er entdeckte seinen eigenen Kunststoff-Verpackungsmüll in den gelben Säcken, die am Straßenrand zur Abholung bereitstanden. Wie viele anderen Gastronomiebetriebe hatte er die Essensbestellungen in Wegwerf-Verpackung ausgeliefert. "Es kann nicht sein, dass wir in der Corona-Phase so viel Müll produzieren", dachte er sich.

Daher hat er seit dem Teil-Lockdown im November auf Glasbehälter umgestellt. Nur die Deckel sind aus Plastik, damit sie ganz dicht abschließen. Die Pizzen werden noch in Pappkartons verpackt. Doch Fettuccine Tartufo, Saltimbocca oder gegrillte Scampi kommen aus seiner Trattoria umweltfreundlich und frisch auf den Tisch seiner Gäste. Seines Wissens nach ist die Trattoria Garibaldi der einzige Gastronomiebetrieb in der Region, der Essen in Glasbehältern ausliefert. Mittlerweile habe er 500 Behälter im Umlauf. Pfand verlangt der Wirt für die wiederverwendbare, aber teure Verpackung nicht. Er vertraue seinen Kunden, sagt er.

Midgardhaus in Tutzing
:Eines der schönsten Fleckchen am Starnberger See

In dem Restaurant mit Biergarten am Ufer speisen seit mehr als 150 Jahren Hoheiten, Dichter und Prominente. Nun wird es nach historischem Vorbild renoviert.

Von Manuela Warkocz

Bis zu 50 Prozent der Bestellungen werden Heinen zufolge von Stammgästen aufgegeben. Und etwa 80 Prozent der Kunden, die seinen Lieferservice zum ersten Mal nutzen, würden danach regelmäßig bestellen, hat Heinen festgestellt. Deshalb schreibe er sich lediglich die Telefonnummer des Kunden auf und frage später nach, ob er die Behälter wieder abholen kann. Die meisten seiner Kunden gäben die alten Boxen automatisch bei der nächsten Lieferung wieder mit. Die Pöckinger brächten die Behälter oft sogar selbst zurück, frisch gespült, obwohl die Schalen nach den Corona-Hygienevorschriften im Restaurant nochmals gereinigt werden müssen.

Auch an diesem Tag herrscht ein Kommen und Gehen. Zahlreiche Kunden loben die umweltfreundliche Verpackung und freuen sich, dass kein Pfand berechnet wird. Er bekomme immer wieder Folgeaufträge, weil der Umweltgedanke so ausgeprägt sei bei seinen Gästen, sagt Heinen. Daher habe er zusätzlich zu den 250 Boxen, die im Umlauf sind, nochmals 200 nachbestellt. Mit drei bis vier Fahrzeugen werden die Bestellungen ausgeliefert. Manchmal fahren seine Mitarbeiter sogar zwei Mal hintereinander in eine Nachbargemeinde, damit das Essen frisch und heiß ankommt.

Gastronomie
:So geht es Bedienungen, Köchen und Rezeptionisten im zweiten Lockdown

Den Angestellten und Hilfskräften im Fünfseenland fehlt oft das Trinkgeld. Viele versuchen, sich in der Kurzarbeit nützlich zu machen - und einige sind frustriert.

Von SZ-Autoren

Denn der Gast sei im "Garibaldi" König, sagt der Chef, auch wenn man derzeit nicht ins Lokal speisen darf. Ob Fleisch oder Beilagen, alles wird separat verpackt. Die Knödel schwimmen noch im Wasser, wenn sie ausgeliefert werden. Nur so bleiben sie heiß, bis sie auf den Teller kommen. Der Fisch wird beim Gast filetiert. Er habe einen Stammgast, der jede Woche Seezunge bestelle. Den beliefere er persönlich, um den Fisch auf dem Teller anzurichten, sagt Heinen. Im Garibaldi werde grundsätzlich nur frische Ware verarbeitet und gehobene Küche serviert, auch im "Forsthaus" in Possenhofen, das der Wirt ebenfalls betreibt.

Heinen ist Realist. Er rechnet damit, dass die Gastronomie wegen Corona noch bis mindestens März geschlossen bleibt. Doch er blickt nach vorne. "Jammern bringt uns nicht weiter. Man muss es nehmen, wie es ist". Heinen ist sich sicher, dass er die Krise mit guter Dienstleistung und seinem Service übersteht. Daher bietet er seinen Lieferservice mittags bis 14.30 Uhr und abends bis 21 Uhr an (Montag ist Ruhetag). Alternativ können Kunden das Essen auch im Lokal abholen. An Weihnachten liefert er bis 19 Uhr aus. Ob Pizza oder Braten: An den Festtagen sind Vorbestellungen unbedingt erforderlich.

© SZ vom 21.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: