Wirtschaftspreis des Landkreises:Teamarbeit statt Hierarchie

Wirtschaftspreis des Landkreises: Tatijana von Quadt ist als Geschäftsführerin Team-Mitglied.

Tatijana von Quadt ist als Geschäftsführerin Team-Mitglied.

(Foto: Nila Thiel)

Bei der Fortschritt gGmbH als Träger von 36 Kitas und Einrichtungen arbeiten überwiegend Frauen - die vor ein paar Jahren ihre Chefs wegorgansiert haben.

Von Carolin Fries

Verena Fahrion sagt, bis 2016 sei alles "normal" gewesen - also so, wie man das von größeren Unternehmen kennt. An der Spitze der "Fortschritt gGmbH" standen drei Männer, die entschieden, wie sich der Pöckinger Einrichtungs-Träger entwickeln sollte. Es gab eine strenge Hierarchie, jeder wusste, wie die Macht verteilt war. Fahrion muss rückblickend schmunzeln. "Schon verrückt, denn von den etwa 450 Mitarbeitenden sind knapp 90 Prozent Frauen", sagt die Firmensprecherin. Inzwischen ist es anders. Das gemeinnützige Unternehmen organisiert sich seit 2016 nach dem Teal-Modell. Die Chefs von einst gibt es nicht mehr.

Fortschritt ist Träger von 36 inklusiven Einrichtungen in sechs oberbayerischen Landkreisen und der Landeshauptstadt München. Der Sitz der Verwaltung ist in Niederpöcking. Im vergangenen Jahr gewann das Unternehmen um Geschäftsführerin Tatijana von Quadt den Wirtschaftspreis des Landkreises, weil man es besonders gut durch die Pandemie geschafft hatte. Heuer gehört der Träger erneut zu den Finalisten - wenn auch in einer anderen Kategorie. Fortschritt hat sich als vorbildliches Unternehmen für frauenorientierten, profitablen Vorsprung beworben. Und das nicht nur, weil hier besonders viele Frauen arbeiten - sondern weil die gesamte Organisation auf sie zugeschnitten ist.

Die Teal-Organisation nach Frédéric Laloux basiert auf der Selbstverwaltung der Arbeitnehmer. "Das heißt nicht, dass jeder macht, was er will", sagt Fahrion. Viel mehr gibt es klar strukturierte Aufgabenbereiche, die in einem ständigen Austausch miteinander stehen. Individuelle Stärken kommen so stärker zu tragen, Mitarbeitende können nicht nur in ihren professionellen Rollen, sondern in ihrer ganzen Persönlichkeit wirken. Bei der Elternkommunikation etwa hat eine Kollegin den Hut auf, die Freude an Gesprächen hat und rhetorisch stark ist. Im technischen Bereich ist es ein entsprechend affines Teammitglied, das verantwortlich ist. Und doch arbeiten alle noch pädagogisch in ihren Einrichtungen und unterstützen sich gegenseitig. "Die Arbeit macht einfach mehr Sinn, weil sie nicht von oben delegiert wird", erklärt Fahrion. Frauen käme dieses Modell sehr gelegen. "Es ist eine sehr lebendige Organisation, die große Kraft entwickeln kann."

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