Wenn er über seine Arbeit spricht, blickt Korbinian Wedel oft in erstaunte Gesichter. „Ich bin Spezialist für Planetarien“, sagt der 26-Jährige aus Seeshaupt. Meistens muss er dann erst einmal erklären, was ein Planetarium überhaupt ist. „In einem Planetarium wird ein künstlich erzeugter Sternenhimmel in eine Kuppel projiziert“, sagt er. Also kein Blick durchs Teleskop ins Weltall, wie man das von einer Sternwarte her kennt, sondern eine reine Simulation der Himmelskörper. Wie im Kino sitzen die Besucher eines Planetariums in Reihen auf Sesseln. „Nur ist die Leinwand nicht nur vor, sondern auch hinter ihnen und über ihren Köpfen“, so Wedel.
Sternentheater, wie Planetarien auch genannt werden, gibt es rund um den Globus. Längst werden darin nicht mehr nur Bilder des Himmelgestirns präsentiert. Neben der Vermittlung von Wissen steht vor allem die Unterhaltung im Fokus. Viele Planetarien bieten spektakuläre Shows für Groß und Klein – vom virtuellen Spaziergang auf dem Mars bis zur simulierten Reise in fremde Galaxien. Auch in die Tiefen des Ozeans können Planetariumsbesucher mittlerweile eintauchen – und das alles als 360-Grad-Erlebnis und in 3D, mit passenden Sound- und Lichteffekten.
Es steckt also viel Technik in so einem Planetarium. Und genau da kommt Korbinian Wedel wieder ins Spiel: Der gebürtige Oberpfälzer ist Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik und arbeitet für die Firma Sky-Skan International GmbH. Die hat seit mehr als zehn Jahren ihren Sitz in Seeshaupt im Landkreis Weilheim-Schongau. Das Unternehmen ist auf digitale Multimediasysteme spezialisiert, dazu gehören etwa Videoprojektoren, Ton- und Lichttechnikanlagen sowie die dafür passende Software. In Sachen Ausstattung und Wartung ist Sky-Skan ein gefragter Ansprechpartner – und das weltweit.
Von Seeshaupt aus werden Planetarien rund um die Welt betreut
Die Liste der Kunden des Unternehmens ist lang. „Die Technik für das neue Planetarium im Quy Nhon in Vietnam haben wir geplant“, sagt Korbinian Wedel. Das Gleiche gelte für das neue Wissenscenter „Wisdome“ in Malmö in Schweden und das Ocean Science Center an der Nelson-Mandela-University im südafrikanischen Port Elizabeth. Auch die Planetarien in Kapstadt, Caracas, Athen und Pamplona werden laut dem Techniker von Sky-Skan technisch betreut. Und das sind längst nicht alle.
Die Firma konzipiert nicht nur maßgeschneiderte Multimediasysteme, sondern installiert die Hard- und Software auch vor Ort. Für die Mitarbeiter von Sky-Skan bedeutet das, ständig auf Achse zu sein. Korbinian Wedel arbeitet seit fast drei Jahren für das Unternehmen. „Mehr als die Hälfte der Zeit war ich irgendwo in der Welt unterwegs“, sagt er. Für die kommenden zwei Tage fliegt er nach Frankreich.
Wedel ist einer von mehreren Festangestellten des Unternehmens, das dem gebürtigen US-Amerikaner Glenn H. Smith gehört. Der 63-Jährige lebt seit fast 15 Jahren in Antdorf. Sky-Skan hat er im Jahr 2000 in München gegründet, damals noch unter dem Namen Sky-Skan Europe GmbH und als Ableger der Mutterfirma Sky-Skan Inc, die in den USA ihren Sitz hatte.
Wie Smith erzählt, hat er bereits in den 80er-Jahren im Bereich der Planetarien gearbeitet. Später war er maßgeblich an Installation und Inbetriebnahme des Planetariums im „Forum der Technik“ im ehemaligen Kongresssaal des Deutschen Museums beteiligt – damals das modernste Planetarium der Welt. „Ein absolutes Leuchtturmprojekt“, schwärmt Smith noch heute. „Es kamen hunderttausende Besucher pro Jahr – solche Zahlen kannte man bis dahin eigentlich nur von den Planetarien in New York City oder Chicago.“
Den ersten Sternenprojektor gab’s bereits vor 100 Jahren
Projektionsplanetarien gibt es seit mittlerweile einem Jahrhundert. Noch bis 2025 wird das Jubiläum in vielen Planetarien rund um die Welt gefeiert. Der erste – damals noch analoge – Sternenprojektor wurde 1923 von der Firma Carl Zeiss Jena entwickelt und 1925 der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Zur damaligen Zeit war das eine absolute Sensation, der Himmel im geschlossenen Raum! Als „Wunder von Jena“ ging der Projektor in die Geschichte ein. Seither hat sich jedoch viel getan.
In den 1980er-Jahren begann die Digitalisierung der Projektionstechnik, und Sky-Skan spielte dabei eine entscheidende Rolle. Als erstes Unternehmen entwickelte die US-amerikanische Firma im Jahr 1983 ein digitales Multimedia-Steuerungssystem für Planetarien. Ende der 90er-Jahre entwickelte Sky-Skan die Technik dann weiter und ermöglichte die Realisierung der kompletten Planetariumsfunktionen mit digitaler Projektion und Computern sowie die Möglichkeit, in 3D durch das Universum zu fliegen.
Seit 2013 ist Sky-Skan am Starnberger See ansässig. Smith und seine Mitarbeiter zogen von München nach Seeshaupt um, weil sie, wie Smith berichtet, in der bayerischen Landeshauptstadt kein Mietobjekt mit ausreichend hohen Räumen finden konnten. In Seeshaupt kaufte Smith dann die Immobilie an der Osterseenstraße, die einst vom Seeshaupter Bauunternehmer Klaus Kleinmichel errichtet worden war.
Der auffällige Gewerbebau mit viel Glas, der im Innern an eine moderne Villa erinnert, verfügt über eine Halle, die fast sieben Meter hoch ist. „Hoch genug, damit wir Testkuppeln aufstellen können“, sagt Smith. An den Kuppeln lassen sich die Multimediasysteme erproben, denn bevor die Technik mitunter tausende Kilometer von Seeshaupt entfernt fest installiert wird, muss sie getestet werden. Das gilt auch für die neuartigen LED-Screens, die derzeit im Kommen sind und als Zukunft der Planetariumstechnik gelten. Für das Lowell-Observatory in Arizona (USA) plante Sky-Skan erst kürzlich einen LED-Dome.
Die Firma mit Sitz in Seeshaupt war schon mehrmals auf der Expo vertreten
Sky-Skan plant aber nicht nur die technische Ausstattung für Planetarien – die Firma hat auch andere Kunden als „nur“ Sternentheater. Für die Therme in Bad Aibling konzipierte das Unternehmen eine Ruhekuppel mit passender Sound- und Tonanlage. „Für das naturhistorische Museum in Wien haben wir eine kleine interaktive Erdkugel geplant“, sagt Glenn H. Smith. Auch auf mehreren Weltausstellungen war das Unternehmen bereits vertreten, so auf der Expo 2010 in Shanghai, der Expo 2012 in Yeosu, Südkorea und der Expo 2015 in Mailand.
Der bürokratische Aufwand, der hinter all diesen Projekten steckt, ist enorm. „International zu arbeiten, ist für uns als relativ kleine Firma eine echte Herausforderung“, verrät Ursula Schwarzer, die bei Sky-Skan für Administration und Marketing zuständig ist. Je nach Land gelten bei Ausschreibungen unterschiedliche Gesetze und Anforderungen. „Das ist mit unheimlich viel Aufwand und Wissen verbunden“, sagt Schwarzer.
Noch mehr Projekte kann das Unternehmen im Moment auch gar nicht stemmen, denn dafür fehlt das nötige Personal. Korbinian Wedel, der Techniker, war extra für das Unternehmen aus der Oberpfalz ins südliche Bayern gezogen. Er wohnt sogar auf dem Betriebsgelände. Dort sind ausserdem Teile für eine 20-Meter-Kuppel in Kisten verstaut, die sich innerhalb kurzer Zeit zu einem Outdoor-Planetarium aufbauen ließen – ein Gedanke, mit dem der Firmenchef von Sky-Skan tatsächlich schon gespielt hat. Vielleicht bekommt Seeshaupt ja auch irgendwann einmal sein eigenes Planetarium.