Konzert in Pöcking:Straffes Regiment für ein leidenschaftliches Orchester

Lesezeit: 2 min

Stefan Komarek spielt die Klarinette beim Auftritt in Pöcking. (Foto: Georgine Treybal)

Unter der Leitung von Anton Bernhard tritt die Philharmonie Starnberger See mit ihrem zweiten Programm vors Publikum. Die Akustik im Beccult macht es dem jungen Ensemble nicht leicht.

Von Reinhard Palmer, Pöcking

Es ist immer wieder eine erstaunliche Erfahrung mitzuerleben, wie der komplexe Organismus eines Sinfonieorchesters entsteht und zu einem homogenen Klangkörper geformt wird. 2019 machte Anton Bernhard, Musiklehrer am Gymnasium Starnberg, nach längerem Nachdenken ernst und versammelte Musiker aus seinem Umkreis zur konstituierenden Probe. Nun trat die Philharmonie Starnberger See unter seiner Leitung mit dem zweiten Programm vors Publikum.

Bevor es in die Starnberger Schlossberghalle ging, bespielte das Orchester erneut das akustisch trockene, aber sehr gut besuchte Beccult in Pöcking, das wegen der schwierigen Akustik nicht die geringste Nachlässigkeit verzeiht. Umso deutlicher bestimmte die erstaunlich präzise Rhythmik des 65-köpfigen Ensembles die für den Einstieg bestens geeignete Ouvertüre zur Operette "Die Fledermaus" von Johann Strauß.

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Derart straff und beherzt zu beginnen, ist nicht ohne Risiko bei einem so jungen Orchester. Schon an dieser Stelle zeigte sich aber, wie engagiert und leidenschaftlich die meist jungen Musiker dabei sind. Die wechselnden Themen, die in der Regel einer Ouvertüre immanent sind, gaben dem Orchester eine gute Gelegenheit, sich aufeinander einzustimmen. Am schlüssigen Spannungsbogen, der die Nummernrevue im Idealfall zu einer musikalischen Einheit verbindet, muss das Orchester noch arbeiten.

Bernhard führte am Pult ein straffes Regiment. Seine Körpersprache vermittelte den Musikern Sicherheit und leitete eindeutig an. Wenn es das Notenmaterial erlaubte, durfte es auch lustvoll zur Sache gehen, wie etwa in der energischen Stretta und in der fulminanten Schlusspassage. Ein so freigespieltes Orchester kann schon zu Höchstleistungen auflaufen, doch zunächst musste es sich der Herausforderung einer klangvollen Zurücknahme stellen, um Stefan Komarek an der Soloklarinette den nötigen Freiraum zu überlassen.

Akustisch schwierig, aber gut besucht: das Beccult in Pöcking. (Foto: Georgine Treybal)

Das Konzert für Klarinette und Orchester op. 26, das Louis Spohr leider noch ohne Kenntnis der Möglichkeiten und Besonderheiten der damals noch nicht voll ausgereiften Klarinette komponiert hatte, ist für den Solisten ein harter Brocken. Komarek kämpfte sich etwas mühsam durch die virtuosen Passagen des Werkes, sodass für die Klangformung wenig Raum übrig blieb. Hier wäre eine gute Raumakustik hilfreich gewesen. Im Dialogisieren gelang die Balance aber gut, auch die Passagen des langsamen Mittelsatzes zauberten eine substanzvolle Lyrik von wohliger Atmosphäre, die vor allem dem gewandt agierenden Orchester zuzuschreiben war.

Wie weit die Philharmonie Starnberger See bereits das Thema der Atmosphäre beherrscht, wurde in "Première Suite d'Orchestre" deutlich, die Debussy mit Anfang 20 als Student komponierte. Insbesondere im dritten Satz mit dem Titel "Rêve", der im späten Stil des Komponisten verfasst ist. Das liegt wohl daran, dass die Orchestration von Philippe Manoury erst vor wenigen Jahren vorgenommen wurde, da das Originalmaterial verschollen ist. Bernhard griff die Steilvorlage auf und erarbeitete mit dem Orchester eine Entwicklung des Satzes mit Mixturen, wie sie eigentlich erst der reife Impressionist beherrschte.

Bedauerlich, dass im letzten Werk im Programm allmählich die Konzentration und damit die Intonationssicherheit der Musiker nachließ, sodass die sensible Balance Debussys ins Wanken geriet. Die beschwingte Leichtigkeit in "Fête", die pointierte Rhythmik in "Ballet" wie auch der Charakter mit Feuerwerk-Höhepunkten und substanzvollem Finale in "Cortège et Bacchanale" überzeugten dennoch. Das begeisterte Publikum erhielt noch zwei Zugaben.

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