Süddeutsche Zeitung

Perchting:Die Kirche und der Vamp

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Die Theatergruppe des TSV Perchting-Hadorf landet mit dem Lustspiel "Da blaue Kruag" einen Volltreffer

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Perchting

Die Kloaberg-Schmugglinger sollen eine schöne neue Kirche bekommen. Eine feine Sache, aber erstaunlicherweise löst das Geschenk des Ordinariats keine Freude aus. Im Gegenteil, die Kloaberg-Schmugglinger sind empört. Sie bieten ihre ganze Schlitzohrigkeit und Bauernschläue auf, um das Vorhaben zu verhindern. Warum sie partout keine neue Kirche wollen, erzählt die Komödie "Da blaue Kruag" von Peter Landstorfer.

Die Theatergruppe des TSV Perchting-Hadorf setzte die Geschichte bei der ausverkauften Premiere am Ostersonntag sehr unterhaltsam und kurzweilig um. Da der langjährige Spielleiter, der bekannte Schauspieler Dieter Fischer, dieses Jahr wegen seines dichten beruflichen Zeitplans pausieren musste, sprang Bernd Habich ein. Eine gute Wahl. Trotz der Doppelbelastung - er stand zusätzlich noch in der Rolle des Friedl Abelasser auf der Bühne - setzte Habich das Stück mit viel Liebe zum Detail um. Fischer, der bei dieser Aufführung lediglich als göttliche Stimme aus dem Off zu hören ist, war begeistert von seinem Nachfolger. Es sei eine "Riesenerleichterung", dass es auch ohne ihn in gleicher Qualität weitergehe, sagte er am Rande der Vorstellung.

Fischer ist mit der Theatergruppe eng verbunden. Er ist seit nunmehr 25 Jahren dabei, die eingefleischten Laienspieler hatten ihn dazu gebracht, den Beruf des Schauspielers zu ergreifen. Die Gruppe selbst feiert ebenfalls ein kleines Jubiläum. Sie ist dem TSV Perchting-Hadorf seit 35 Jahren angegliedert. Davor spielte sie in Pöcking.

Regisseur Habich hielt sich weitgehend an das Drehbuch der Komödie, das ohne die bekannten Schenkelklopfer auskommt. Viel Fingerspitzengefühl bewies er bei der Auswahl der Spieler, so dass die Rollen optimal besetzt waren. Dazu kamen Engagement und Spielfreude der fast schon professionell agierenden Gruppe.

Köstlich, mit welchem komödiantischen Talent Christian Dreyer als Pater Villinger agiert. Sehr zur Freude des Publikums beweist er auch akrobatisches Geschick. Einmal hängt er an der Dachrinne, dann wieder zwängt sich mehr recht als schlecht durch einen Geheimgang. Die Ähnlichkeit zu seinem pfiffigen Amtsbruder Don Camillo ist dabei nicht zu übersehen. Eine glaubwürdige Karikatur des völlig überforderten Beamten gibt Peter Küchler als Gemeindediener Blasius Berlscheißer ab. Ein wunderbares Trio, das alle Geschehnisse im Dorf scharfzüngig kommentiert, bilden Spielleiter Habich, Luis Sepperl als Großbauer Sepp Grundhammer und Rudi Happach als Martl Meindoaga, der zuletzt vor 35 Jahren mitspielte. Dieses Mal konnte er seine jahrzehntelange Berufserfahrung als Bäcker auf der Bühne umsetzen. Waltraud Beigel brilliert als schlitzohrige fahrende Händlerin und Edith Rothdauscher als frische Witwe, die schon bald ihre Trauermaske fallen lässt. Katharina Ott scheint die Rolle der resoluten Wirtin auf den Leib geschrieben zu sein. Als hervorragender Neuzugang stellte sich Pauline Mittermayr heraus. Sie versteht es, sich blitzschnell von der bigotten Mesnerin zum Vamp zu verwandeln. Mit einem Striptease soll sie den bayerischen Bernini (Sepp Silberg) bezirzen und versetzt dabei die Männerwelt in Aufregung. Das Publikum tobt. In mühevoller Kleinarbeit haben Franz und Richard Gröger das Bühnenbild gestaltet. Die Kulisse wurde professionell ausgearbeitet bis hin zur Hintergrundmusik. Der tosende Applaus für die heitere, freche Vorstellung war wohlverdient.

Weitere Vorstellungen bis 29. April jeweils freitags, samstags, sonntags und am Mitwoch, 20. April.

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Quelle:
SZ vom 30.03.2016
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