Pandemie:Ausgebremst

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Über "Stillstand und Bewegung" diskutierten (v.li.) Katrin Gebbe, Nina Hoss und Nico Hofmann mit Moderatorin Sylvia Griss. (Foto: Nila Thiel)

Nina Hoss, Katrin Gebbe und Nico Hofmann reden in der Politischen Akademie in Tutzing über Kunst und Krise

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Tutzing

In jeder Krise gibt es Gewinner und Verlierer. Unter der Corona-Pandemie leiden Schauspieler, Film, Kino und Theater, doch das Fernsehen und die Streamingdienste boomen. Dies ist das Fazit des Filmgesprächs zum Thema "Stillstand und Bewegung - die Filmbranche in Zeiten der Pandemie", das zum Fünfseen-Filmfestivals am Sonntag in der Politischen Akademie in Tutzing stattfand. Unter der Moderation von Sylvia Griss vom Bayerischen Rundfunk sahen die Diskussionsteilnehmer aber auch eine Chance in der Krise. "Alles ist in Bewegung, man kann nichts festhalten", stellte die Schauspielerin Nina Hoss fest. Nun müsse man in Bewegung bleiben, damit Neues entsteht.

Wie die Hannelore-Elsner-Preisträgerin sagte, habe der Lockdown die Schauspieler besonders hart erwischt. Alle ihre Termine seien abgesagt oder verschoben worden. "Ich fühle mich ausgebremst". Sie leide darunter, dass kein Austausch mehr stattfinde und sie auf Wartestation sei. "Wir haben keine Perspektive", erklärte sie. Für Schauspieler gebe es keine Versicherung, die den Verdienstausfall durch Corona abdeckt, sie könnten sich auch nicht bei der Künstlersozialkasse versichern. Zudem bekommen Schauspieler laut Hoss kein Arbeitslosengeld: "Du fällst aus allem raus." Die Pandemie treibt auch die Kinos in die existenzielle Krise. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass die Filmtheater bereits vor Corona mit Zuschauermangel zu kämpfen hatten, so Nina Hoss. Corona habe die Situation nur verschärft.

Die Regisseurin und Drehbuchautorin Katrin Gebbe bekommt derzeit noch Film- und Drehbuchförderung. "Momentan mache ich mir keine Sorgen", sagte sie. Bei ihrem Partner, einem Kameramann, seien die Aufträge weggebrochen. Gebbe hält es für schwierig, die Kultur nach dem Lockdown wieder hochzufahren. Sie sieht in den Einbrüchen durch Corona aber auch ein grundsätzliches Problem. "Kultur brauche ich zum Leben, sie ist ein wesentlicher Teil der Existenz." Das allerdings betreffe nur die ältere Generation. Die Jugend interessiere sich nicht für Film und Theater, sie nutze Streamingdienste. Der Film sollte daher in die kulturellen Erziehung der jüngeren Generation mit einbezogen werden.

Auch der Geschäftsführer der Ufa GmbH, Regisseur und Filmproduzent Nico Hofmann, ist davon überzeugt, dass die Künstler eine viel größere Unterstützung brauchen. Die Produktionen für Fernseh- und Streamingdienste indes erleben derzeit einen Aufschwung. Das Filmunternehmen Ufa produziere auf einem Niveau von 80 Prozent, er hoffe, noch dieses Jahr auf 100 Prozent zu kommen. "Wir erleben einen Paradigmenwechsel zu Streaming", sagte Hofmann. Er stellte allerdings klar, dass das Kinoerlebnis durch Fernsehen und Streaming nicht ersetzt werden könne. Das sei auf einem kleinen Bildschirm zuhause nicht möglich. "Kultur fehlt den Menschen definitiv, in der Begegnung im Kino, im Theater." Ebenso wie die anderen Diskussionsteilnehmer ist er überzeugt davon, dass die einzelnen Kulturbereiche nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Man könne die Jugend nicht zwingen, ins Kino zu gehen, sagte er. Aber es werde sicherlich Neues entstehen. "Das wird die Kinos nicht voller machen", meinte Gebbe.

© SZ vom 08.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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