Schlösser-Serie Lustwandeln:Hoch zu Pähl

Das imposante Schloss mitten im Wald hatte viele Eigentümer - darunter auch das Kloster Andechs und die Familie Hanfstaengl. Schlossherrin heute ist Bettina Stauffenberg, der Ländereien sind an den Golfclub Hohenpähl verpachtet

Von Astrid Becker, Päh

Es thront. Anders lässt sich der Anblick des Schlosses hoch über der Gemeinde Pähl kaum beschreiben. Herrschaftlich wirkt es, und fast ein wenig zu romantisch. Es ist, als würde es schon von weitem aus seiner Mitte hallen: "He, ich hatte ein großes Vorbild." In gewisser Weise ist das richtig, denn als das sogenannte Hochschloss in seiner jetzigen Gestalt entstand, befand sich auch Neuschwanstein mitten im Bau. Letzteres wird bekanntlich von deutlich mehr als einer Million Touristen im Jahr bevölkert. In Pähl hingegen öffnen sich die Schlosspforten nur recht selten: Das Anwesen ist in Privatbesitz.

Das Hochschloß aus der Vogelperspektive; Repros Hochschloß/v.Schab

Das Hochschloss Pähl mit all seinen Türmchen und Winkeln ist ein romantisch-magischer Flecken Erde, wie dieses Luftbild aus dem Archiv in Pähl zeigt.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ein entsprechendes Hinweisschild schon an der Zufahrt zu dem Gemäuer weist klar darauf hin. Keine Besichtigungen, ist ebenfalls dort zu lesen. Dabei gäbe es sicher den einen oder anderen neugierigen Wanderer oder Golfspieler, der seine Schläger auf den ehemaligen Ländereien des Besitzes schwingt, der hier gerne mal einen Blick hinter die Schlossmauern werfen würde. Weil es eben so imposant wirkt. Daher dient es bisweilen auch als Filmkulisse - für das "Forsthaus Falkenau" beispielsweise oder auch schon mal für "Der Alte." Oder derzeit wieder im Programm: "Graf Yoster gibt sich die Ehre" - eine skurrile Krimiserie aus den sechziger Jahren, wo das Hochschloss als Familiensitz des Protagonisten immer wieder zu sehen ist. Nachvollziehbar sind derlei Vermietaktionen, denn der Unterhalt einer so historischen Bausubstanz ist teuer. Ansonsten allerdings ist der Zutritt nur wenigen Auserwählten gestattet: Ab und zu führt die Schlossherrin und Bibliothekarin der Gemeinde, Bettina Stauffenberg, den Freundeskreis Ortsgeschichte Pähl-Fischen oder Kinder im Ferienprogramm durch ein paar wenige Räume des Hauses.

Pähl-Kreuz beim Hochschloss

In Memoriam der Familie Hanfstaengl gewidmet ist dieses Feldkreuz.

(Foto: Bartl/Freundeskreis Ortsgeschichte Pähl-Fischen)

Es gab jedoch eine Zeit in der Geschichte des Hochschlosses, in der dies völlig anders gewesen sein muss. Große Feste sollen hier gefeiert worden sein, Bankette waren offenbar keine Seltenheit. Die Gäste, meist aus München, waren recht prominent, viele Adlige und Künstler waren darunter. Im Gästebuch jedenfalls, das bis heute existiert, sind einige berühmte Namen zu finden: König Friedrich August und Königin Marie von Sachsen zum Beispiel, der Maler Friedrich von Kaulbachl, der Architekt und Hofintendant Leo von Klenze, der Verleger Heinrich Brockhaus, der Erzgießer Ferdinand von Miller oder auch der Mundartdichter Franz von Kobell, der gleichzeitig auch als Miterfinder der Fotografie gilt.

Das Hochschloß auf einem Kupferstich; Pähls Schlösser auf Kupferstichen

Diese Kopie eines Stiches zeigt das Hochschloss, wie es Architekt Albert Schmidt gebaut hatte. Sie war 1885 in der "Illustrierten Zeitung" zu sehen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Gerade letzterer verwundert am wenigsten. Denn auch Kobells Gastgeber hat sich auf diesem, damals neuen und spektakulären Gebiet der Fotografie einen Namen gemacht, einen so großen sogar, dass er sich das Hochschloss in Pähl 1844 kaufen konnte: Die Rede ist von Franz Hanfstaengl, der aber auch mit seinem lithografischen Atelier in München und den Reproduktionen vieler Künstler wohl sicher viel Geld verdiente. Er hatte schließlich auch viele hochkarätige Kunden: König Ludwig II. von Bayern, Otto von Bismarck und auch Kaiserin Elisabeth von Österreich.

Unbekannter Meister des Altars

Auch wenn das Hochschloss selbst nur selten zu besichtigen ist: Ein Spaziergang in seiner Umgebung und eine Wanderung Richtung Andechs oder hinunter in den Ort Pähl auf einem der Wege, die hier vorbeiführen, lohnen allemal. Dabei wird man in Zukunft auch wieder auf ein Feldkreuz stoßen, das an die Zeit der Familie Hanfstaengl hier in Pähl erinnert. Darauf abgebildet ist im übrigen auch die Version des Schlosses, mit der sich Franz Hanfstaengl zufrieden geben musste und die heute in dieser Form ja nicht mehr existiert. Insofern gibt dieses Holzkreuz, das derzeit im Stadel eines Bauernhofes liegt und aufwendig restauriert werden soll, Zeugnis von der Vergangenheit ab. Es hatte einst in der Nähe der Wirtschaftsgebäude gestanden - auch dies ein interessanter Hinweis auf ein anderes Familienmitglied der Hanfstaengls. Denn dem Bruder des Hofrates Franz Hanfstaengl, der Joseph hieß, hatte sich um die Ländereien und die Landwirtschaft gekümmert und daher auch in den Nachbargebäuden des Schlosses gelebt.

Ein anderes, sehr wertvolles Gut aus dem Hochschloss ist heute eines der wichtigsten Schätze des Bayerischen Nationalmuseums: der sogenannte Pähler Altar. Er stammt aus der Schlosskapelle, die es im Mittelalter auf Hohenpähl gegeben hatte. Sie war dem Heiligen Georg geweiht und soll mit der Säkularisation abgerissen worden sein. Der Wert dieses Kapelle wurde zu dieser Zeit nicht erkannt, sie wurde nicht einmal im Inventar eingetragen. Zuvor jedoch, als sie noch dem Kloster gehörte, wurde hier einmal im Jahr eine Messe gelesen. Mittlerweile gilt ihr Altar als kunstgeschichtlich sehr bedeutend, auch wenn nach wie vor niemand weiß, wer ihn geschaffen hat. Die Rede ist daher nur vom "Meister des Pähler Altars". Dieser besteht aus drei Teilen, die aufgeklappt werden können, und zeigt spätgotische Tafelbilder. Er ist etwa einen Meter hoch und gilt wegen seiner Kreuzigungsszene als "die zarteste und seelisch schönste Darstellung dieser Art und als die reinste Ausprägung des neuen Stils der deutschen Malerei um 1400", so Josef Hemmerl 1953 in "Hochschloss Pähl, Geschichte eines altbayerischen Edelsitzes". abec

Deren jüngere Schwester Sophie soll ebenfalls häufig zu Besuch im Pähler Hochschloss gewesen sein. Sie spielte sogar eine ganz besondere Rolle im Leben der Familie Hanfstaengl. Denn der Sohn des berühmten Litho- und Fotografen, Edgar, der später den bekannten Kunstverlag Hanfstaengl gründen sollte, war der jungen Herzogin im Atelier seines Vaters begegnet, als er gerade nach einer Ausbildung zum Handelskaufmann aus dem Ausland nach München zurückgekehrt war. Einen ungünstigeren Zeitpunkt für dieses Zusammentreffen hätte es wohl kaum geben können. Sophie hatte sich drei Tage zuvor mit König Ludwig II. verlobt. Deshalb sollten von ihr, der künftigen Königin, auch so viele Bilder angefertigt werden. Dabei verliebten sich die beiden offenbar ineinander und trafen sich mit Hilfe zweier Hofdamen von Sophie heimlich unter anderem in Pähl.

Edgars Vater musste sich zu dieser Zeit schon von einer großen Umbauidee verabschiedet haben: Er hatte davon geträumt, das zu seiner Zeit eher schlichtere Schloss zu einer steil aufragenden Burg im Mittelalterstil auszubauen und mit dem Entwurf sogar Gottfried Semper beauftragt. Doch so weit reichten Hanfstaengls finanzielle Mittel dann doch nicht, und er musste sich mit einer abgespeckten Version begnügen.

Seine noch heute sichtbare Form erhielt das Hochschloss dann erst nach Hanfstaengls Tod. Sein Sohn Edgar verkaufte es zunächst an den Leipziger Privatier Friedrich Martin Schubart und dessen Schwiegermutter Maria Czermak. Wenig später übernahm es Schubarts Schwager Oskar Czermak, der wegen seines riesigen Vermögens in der Lage war, den alten Traum vom Schloss im Stile einer mittelalterlichen Burg nach Plänen des Münchner Architekten umzusetzen. Das war einerseits äußerst zeitgemäß, wenn man beispielsweise an die Seeburg denkt oder auch an Neuschwanstein. Es war andererseits auch eine Anspielung auf die Vergangenheit des Schlosses, die wechselvoller nicht sein hätte können. Möglicherweise hatte dort bereits zu Römerzeiten eine Befestigungsanlage existiert. Im 12. und 13. Jahrhundert gab es dort jedoch wirklich eine Burg, die zum Besitz der Grafen von Andechs gehörte und später von den Wittelsbachern übernommen wurde. 1618 war das Besitzrecht jedoch erloschen, das Schloss ging an Familie Eglof und wurde während des Dreißigjährigen Kriegs verwüstet. 1633 wechselten abermals die Besitzer: Diesmal waren es die Herren von Berndorf. Doch auch die hielt es nicht lange: 1690 jedenfalls ging es in den Besitz des Klosters Andechs über, das jedoch mehr Interessen an den Ländereien denn an dem Gebäude selbst hatte. Es verfiel darauf zunehmend. Nach der Säkularisation 1803 kam es für 4375 Gulden in die Hände des Landrichters von Murnau, Aloys Bayerhammer. Dessen Sohn verkaufte es schließlich an Hanfstaengl.

Die heutige Schlossherrin, Bettina Stauffenberg, und ihre Schwester Monika können Pähl allerdings längst als angestammten Familiensitz ansehen. Immerhin hatte ihn ihr Ahn, Graf Bernhard von Spreti, bereits1904 erworben. Im Schloss sind heute Wohnungen untergebracht, der Grund ist an den Golfclub Hohenpähl verpachtet.

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