Ortskonzept:Immer diese Einzelfälle

Lange haben sich die Seefelder gegen ein Ortsentwicklungskonzept gesträubt. Was dabei herauskommt, wenn nur nach Bedarf geplant wird, ist am Oberfeld in Hechendorf zu sehen

Von Christine Setzwein, Seefeld

Die Feldafinger wünschen sich für die Konversion des Kasernengeländes einen ganz großen Wurf und wollen dafür einen Masterplan in Auftrag geben. Die Wörthseer lassen gerade ihre ganze Gemeinde mit einem Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) überziehen. Krailling sitzt an einer Ortsmitteplanung. Andechs schreibt seinen Flächennutzungsplan neu. Immer mehr Kommunen holen sich Hilfe von Experten, wenn es um die Zukunft ihrer Städte und Gemeinden geht. Und weil sie wissen, dass ohne die Bürger gar nichts mehr geht, laden sie zu Workshops, Foren und Informationsveranstaltungen ein.

Sammelsurium am Oberfeld

Am Einheimischenmodell in Hechendorf wird fleißig gearbeitet. 30 Parzellen werden vergeben, 119 Interessenten hatten sich beworben. Vom 7. November an sollen diejenigen, die zum Zug kommen, informiert werden.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Seefeld hatte mit all dem bisher nichts am Hut. "Ich habe mich immer gegen ein Ortsentwicklungskonzept gewehrt", sagte Bürgermeister Wolfram Gum jüngst in der Gemeinderatssitzung. Und er ist immerhin seit 27 Jahren im Amt. Aber wie soll es mit Seefeld und seinen etwa 7300 Einwohnern weitergehen? Die Gemeinde ist überaltert, aber es leben auch viele Familien mit Kindern da. Was brauchen die alten und jungen Menschen? Wie viele Betreuungsplätze sind nötig? Wo ist noch Wohnungsbau möglich? Wo können sich Gewerbebetriebe ansiedeln? Wie muss die Infrastruktur aussehen? Welche Rolle spielen Natur-, Landschafts- und Artenschutz? Große Projekte sind bereits geplant oder schon am Laufen, wie die Erweiterung des Edeka-Marktes oder das Einheimischenmodell in Hechendorf. "Ich habe mich überzeugen lassen, dass es vernünftiger ist, mit Profis und Bürgern zusammenzuarbeiten", so die Einsicht des Bürgermeisters.

Sammelsurium am Oberfeld

Skater und Basketballer, Landwirt und Bauunternehmer sind schon da auf dem Oberfeld in Hechendorf, bald kommen noch Feuerwehr und Fußballer dazu.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nicht alle Gemeinderäte waren seiner Ansicht. Bürgerbeteiligung ja, aber "Pseudo-Gemeinderäte", die alles besser wüssten, wolle man nicht. "Extrem kritisch" sieht Robert Schindlbeck ein Ortsentwicklungskonzept. Das werde nur die Grundstückspreise in die Höhe treiben und große Erkenntnisse werde man auch nicht gewinnen. "Wir werden wieder Streit haben, und den habe ich satt", sagte er. Das war eindeutig auf die Bürgerinitiative Eichenallee gemünzt, die bereits per Mail an die Gemeinderäte ihre Bereitschaft kund getan haben, sich beim Thema Ortsentwicklungskonzept einzubringen - verbunden mit Ratschlägen, wie dieser Prozess abzulaufen habe.

Der Gemeinderat und das - sehr gut besetzte - Bauamt Seefeld haben bisher gehandelt, wenn es nötig war, sprich wenn eine Bauvoranfrage oder ein Bauantrag vorlagen. Dass Einzelfallentscheidungen und der Wille, möglichst jeden Wunsch zu erfüllen, nicht immer zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen, zeigt das Oberfeld in Hechendorf. Dort drängen sich auf engstem Raum Skateranlage, Basketballplatz, neues Feuerwehrhaus und Flüchtlings-Container. Ebenfalls auf dem Areal befinden sind ein erfolgreicher Bauunternehmer und ein Landwirt, die beide erweitern wollen. Auf der anderen Straßenseite wird gerade das Einheimischemodell verwirklicht. Auch ein Grundstück, auf dem es mit 30 Parzellen sehr eng hergeht. Ortsabrundung schaut anders aus. Bürgermeister Gum hat es so ausgedrückt: "Einen Schönheitspreis gewinnen wir dafür nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: