Ortsgestaltung:Initiative gegen "Baukolosse" in Gauting

Die Gruppe will das Wohn- und Geschäftshaus an der Bahnhofstraße verhindern. Angelika Siegmund und ihre Mitstreiter setzen auf Proteste in der Bürgerversammlung.

Von Michael Berzl

Der Kontrast könnte größer kaum sein: Hier das alte Elektrizitätswerk in Gauting, ein stattliches Haus mit Ziegeldach und Schleppgauben, grünen Fensterläden und Spalierbäumen an der Mauer. Gegenüber dominiert eine zwei Etagen hohe, rechteckige, nackte Fassade das Bild, ein Klotz auf zwei Stelzen.

Und in dem Stil geht es nun an der Bahnhofstraße weiter, warnt eine neue Initiative unter Federführung von Angelika Siegmund, die sich "Gauting aktiv" nennt. Dort will ein Erlanger Bauträger einen fünfgeschossigen Gebäudekomplex mit Läden und Wohnungen errichten. Mit großer Mehrheit billigte der Gemeinderat dieses Vorhaben, doch Siegmund und ihre Mitstreiter fordern: "Keine Baukolosse in Gauting", verteilen seit Freitag Flugblätter und wollen das Thema in die Bürgerversammlung am kommenden Montag tragen.

"Unser Ziel ist es, eine städtebaulich verträgliche Lösung zu bekommen, die sich einfügt in die Umgebung im Bahnhofsquartier", erklärt Angelika Siegmund. Zu dem von der Firma Sontowski geplanten und vom Gemeinderat beschlossenen Bau mit 60 Wohnungen in den Obergeschossen sowie einem Drogeriemarkt und einer Rewe-Filiale im Parterre erklärt sie: "Wir werden versuchen, alle Möglichkeiten zu nutzen, um das zu verhindern". Wobei sie das Wort "verhindern" gar nicht gerne hört, sondern lieber von "verändern" spricht.

Ortsgestaltung: Die Simulation zeigt, wie sich die Firma Sontowski das Wohn- und Geschäftshaus an der Bahnhofstraße vorstellt.

Die Simulation zeigt, wie sich die Firma Sontowski das Wohn- und Geschäftshaus an der Bahnhofstraße vorstellt.

(Foto: Sontowski)

Im Flugblatt von "Gauting aktiv" heißt es, "im Galoppverfahren" sollen auf dem ehemaligen Schul-Grundstück an der Bahnhofstraße "weitere großstädtische Baukolosse" entstehen. Der Gemeinderat sei auf dem Weg, "unseren Ort zur gesichtslosen Stadt zu verändern". Der gesamte Baumbestand werde vernichtet, ein für Kunden vorgesehener oberirdischer Parkplatz belaste den Pausenhof der Grundschule nebenan mit Lärm und Abgasen. Außerdem warnt die Initiative vor einer "massiven Zunahme des Verkehrs". Von Montag an sind die Standpunkte der Initiative unter www.gauting-aktiv.de auch im Internet zu finden. Die Sprecherin Siegmund befürchtet außerdem, dass das Sontowski-Projekt zu einem Präzedenzfall für weitere Bauvorhaben im Ort werden könnte. Als "massiv, hoch und gesichtslos, insgesamt zu großstädtisch" hatte die SPD im April in einem Inserat den geplanten Bau bezeichnet.

"Gauting aktiv" ist nach einem Diskussionsabend über die Zukunft des Gautinger Bahnhofs im Oktober entstanden, zu dem mehr als 200 Zuhörer gekommen waren. Auch dort war die städtebauliche Entwicklung Thema, und die ehemalige Unternehmensberaterin Siegmund hatte nach den engagiert geführten Debatten an dem Abend das Gefühl, etwas unternehmen zu müssen. Die erste Auflage von 1500 Flugblättern gegen "Baukolosse" werde nicht ausreichen, nun will sie weitere 1000 drucken lassen. Von der Resonanz im Ort fühlt sie sich bestärkt, sie glaubt, dass viele ihre Ansicht über das Bauvorhaben teilen. "Ich glaube nicht, dass wir nur eine Minderheit sind", sagt sie.

Ortsgestaltung: Der Bau auf dem sogenannten Grill-Grundstück am Hauptplatz ist schon fertig. In den Augen der Kritiker ist es ein "Baukoloss".

Der Bau auf dem sogenannten Grill-Grundstück am Hauptplatz ist schon fertig. In den Augen der Kritiker ist es ein "Baukoloss".

(Foto: Arlet Ulfers)

Währenddessen steht die große Mehrheit im Gemeinderat zu den Plänen der Firma Sontowski, die das Grundstück im vergangenen Dezember für neun Millionen Euro gekauft hat. Die Zustimmung zum Verkauf war noch mit 21:2 Stimmen gefallen. Für einen weiteren Verfahrensschritt auf dem Weg zu Baurecht für das Areal stimmte dann in der vergangenen Woche nur noch eine 17:6-Mehrheit.

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