Ortsentwicklung in Gauting:Warten auf eine bezahlbare Wohnung

Mit dem Zukunftsprojekt "Patchway-Anger" hat die Gemeinde große Erwartungen bei Menschen geweckt, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind. Die Nachfrage ist enorm - doch ist der Komplex voraussichtlich erst im Jahr 2025 bezugsfertig

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Gauting

Sorgen und Befürchtungen haben bisher die Diskussionen über eine neue Wohnsiedlung für mehr als 500 Menschen im Westen von Gauting geprägt: Mehr Verkehr, zu viele Zuzügler, zu hohe Häuser - so lauteten die Einwände. Doch nach den Bedenkenträgern melden sich nun auch immer mehr Interessenten, und die Kritiker werden leiser. "Hauptsache, es wird gebaut", entfuhr es Max Kämmler bei einem Informationsabend im Gautinger Rathaus. Der 21-Jährige würde gerne selbst einmal in eine der Wohnungen oder eines der Häuser einziehen. Er ist einer von vielen, und er ist ein Paradebeispiel für einen jener jungen Menschen, welche die Gemeinde mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum am Ort halten will.

Kämmler ist bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Trachtenverein und engagiert sich beim Kulturspektakel. Er hat eine Wohnung in dem Sontowksi-Bau an der Bahnhofstraße. Ein großer Gebäudekomplex mit Läden und 52 Wohnungen, der wegen seiner Dimensionen lange ebenfalls umstritten war, bis sich in einem Bürgerentscheid eine große Mehrheit für dieses Projekt aussprach. "Wenn ich dort nichts bekommen hätte, wäre ich weggezogen", sagt Kämmler. Die Wohnung dort ist für den jungen Mann eine Übergangslösung. Er könnte sich vorstellen, später in die Siedlung umzuziehen, die bei dem ehemaligen AOA-Firmengelände zwischen Ammerseestraße und Pötschener Straße entstehen soll und offiziell den Namen "Patchway-Anger" trägt. Insbesondere der Verband Wohnen und das Katholische Siedlungswerk wollen dort Wohnungen anbieten zu einem Preis, der deutlich unter den sonst im Würmtal üblichen Mieten liegt.

Ortsentwicklung in Gauting: Ein junges Paar aus Planegg informiert sich über die geplante Wohnsiedlung in Gauting.

Ein junges Paar aus Planegg informiert sich über die geplante Wohnsiedlung in Gauting.

(Foto: Michael Berzl)

Bisher sind die Planungen aber noch nicht einmal im Detail fertig. Der Bau der neuen Häuser ist noch nicht beantragt und somit auch nicht genehmigt. Doch die Nachfrage ist schon jetzt groß. Im Rathaus existiere eine unverbindliche Interessentenliste für den Patchway-Anger, berichtet Gemeindesprecher Andreas Röming. Auf der Liste haben sich demnach bereits 60 Personen und Familien eintragen lassen, um über aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten zu werden.

Interessenten kommen auch aus Nachbargemeinden. Eine junge Familie aus Planegg zum Beispiel: Ein Elternpaar im Alter von 30 und 32 Jahren mit einem erst drei Monate alten Baby hat sich sehr interessiert die Stellwände mit Informationen über die geplanten Immobilien angeschaut. Das Konzept gefällt ihnen gut: "Cool, dass da keine Autos fahren." Ganz besonders wären sie an einer Immobilie in der von der Gemeinde geplanten Reihenhaussiedlung interessiert. Sieben oder acht Gemeinden hätten sie angeschrieben, nur in Gauting entstünde aber ein adäquates Angebot. "Der Markt ist sehr schwierig", haben sie festgestellt.

Ortsentwicklung in Gauting: Ein Modell zeigt den aktuellen Planungsstand mit Mehrfamilienhäusern, Läden und einer großen Grünfläche im "Patchway-Anger".

Ein Modell zeigt den aktuellen Planungsstand mit Mehrfamilienhäusern, Läden und einer großen Grünfläche im "Patchway-Anger".

(Foto: Michael Berzl)

Wie groß die Nachfrage ist, zeigen Zahlen der Gautinger Gemeindeverwaltung: 275 Haushalte sind demnach auf der Suche nach sozial gefördertem Wohnraum, davon haben 186 einen Wohnberechtigungsschein. Auf dem Patchway-Anger soll Platz für bis zu 550 Bewohner geschaffen werden, betonte der Stadtplaner Hans-Peter Hebensperger-Hüther bei dem Informationsabend. Das insgesamt etwa drei Hektar große Areal gehört vier Grundeigentümern: Angehörigen der Nürnberger Industriellenfamilie Diehl, dem Verband Wohnen, dem Katholischen Siedlungswerk und der Gemeinde selbst. Vorgesehen sind dort nach dem aktuellen Konzept eine kleinteilige Bebauung, mehrere Mehrfamilienhäuser mit bis zu fünf Etagen, ein Supermarkt, ein Kindergarten und Tiefgaragen. Auch Abstellplätze für Lastenräder und eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder sind geplant. In der Mitte des Areals soll eine 3500 Quadratmeter große Grünfläche für die Allgemeinheit entstehen. Dieses Grundstück werde Eigentum der Gemeinde, sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger an einem Stand am Informationsabend. Die ganze Siedlung bleibt nahezu autofrei.

Planer Hebensperger-Hüther hat auf dem Informationsabend einmal mehr für seinen Entwurf und die sozial-ökologische Ausprägung geworben. Nach seiner Darstellung ist es ein in Bayern fast einzigartiges Vorhaben. "Gauting hat die große Chance, etwas Außergewöhnliches umzusetzen", sagte er und sprach von einem "Vorbildcharakter für die Region und darüber hinaus". Und die Stadtplanerin Manuela Skorka, die ebenfalls mit dem Vorhaben befasst ist, erklärte: "Die Planung stellt eine große Chance für Gauting dar. Ein solches Projekt ist mir in keiner anderen Kommune bekannt."

Ortsentwicklung in Gauting: "Hauptsache, es wird gebaut", sagt Max Kämmler aus Gauting.

"Hauptsache, es wird gebaut", sagt Max Kämmler aus Gauting.

(Foto: Michael Berzl)

Bis die Siedlung steht, werden noch Jahre vergehen. "Wir hoffen, dass wir nach der Bürgerbeteiligung, die mit der Infoveranstaltung begonnenen wurde, nun innerhalb eines Jahres den Bebauungsplan beschließen können. Dann muss mit etwa zwei Jahren für Bauantrag und Bauausführung gerechnet werden, so dass - wenn alles gut läuft - vielleicht Ende 2024 oder Anfang 2025 die ersten Wohnungen bezugsfertig sein können", teilte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger am Freitag mit.

Wenn nichts dazwischen kommt. "Hoffentlich brauchen wir diesmal keinen Bürgerentscheid", meinte Max Kämmler beim Informationsabend.

Eine Zusammenfassung über den Informationsabend mit einer ausführlichen Vorgeschichte über die bisherigen Planungen und zahlreichen Illustrationen findet sich auch auf der Homepage der Gemeindeunter https://www.gauting.de.

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