Festival:Carl Orff im Galopp

Festival: "Carmina Burana" mit Pferdeakrobatik: Zum Orff-Festival Ammersee-Andechs wird das bekannteste Werk des Komponisten in der Arena des Kaltenberger Ritterturniers aufgeführt.

"Carmina Burana" mit Pferdeakrobatik: Zum Orff-Festival Ammersee-Andechs wird das bekannteste Werk des Komponisten in der Arena des Kaltenberger Ritterturniers aufgeführt.

(Foto: Kaltenberger Ritterturnier 2019)

Zu den Festspielen am Ammersee sind die "Bernauerin" im Kloster Andechs und die "Carmina Burana" mit Pferden der portugiesischen Hofreitschule in der Kaltenberger Ritterarena zu sehen.

Von Gerhard Summer

"Izt ham sie's derpackt, abgrittne, abgfeimte, bübische Böswichtin." Diese Szene gehört mit zu den makabersten Erfindungen von Carl Orff: Hexen kommentieren geifernd, wie Häscher die Tochter eines Baders zu Augsburg ergreifen und im Schinderkarren zur Donau in Straubing bringen. Wie sie ans Geländer treten muss, wie die Fische im Wasser zuschauen und wie die gefesselte Frau schließlich in den Fluss gestürzt wird und ertrinkt. "Itzt kummt's nimmer hoch....D'Fisch san fortgschwommen, hat's keiner vernommen, wie's gschrien hat im Tod."

Festival: Gekürzt und in der Besetzung reduziert: Szene aus der Aufführung der "Bernauerin" 2021 im Florian-Stadl, die in dieser Fassung heuer noch einmal in Andechs zu sehen ist.

Gekürzt und in der Besetzung reduziert: Szene aus der Aufführung der "Bernauerin" 2021 im Florian-Stadl, die in dieser Fassung heuer noch einmal in Andechs zu sehen ist.

(Foto: Nila Thiel)

Tatsächlich hat die Geliebte des bayerischen Herzogs Albrecht III., die womöglich seine erste Ehefrau war, ein zweites Leben. Auch fast 600 Jahre nach ihrer Hinrichtung im Jahr 1435, mit der Albrechts Vater, der Wittelsbacher Herzog Ernst, die Schande einer nicht standesgemäßen Verbindung tilgen wollte, taucht sie immer wieder auf den Bühnen auf. Denn neben der "Klugen" und den alles überstrahlenden "Carmina Burana" gehört die "Bernauerin" zu den unvergänglichen Stücken des eigenwilligen Münchner Komponisten. Auch beim Orff-Festival Andechs-Ammersee steht die bairische Mischung aus Theater und Oper, in der einzig ein Tenor, eine Sopranistin und der Chor Gesangspartien haben und den Schauspielern Sprecharien zugedacht sind, auf dem sommerlichen Spielplan. Allerdings in einer gekürzten Fassung für Kammerorchester, also in der Produktion vom Vorjahr.

Dass sich das Rad der Fortuna nach der reduzierten Festival-Ausgabe im Vorjahr überhaupt wieder dreht, verdanken die Orff-Fans einem Rettungsanker des Bundes in Corona-Zeiten, dem Programm "Neustart Kultur". Von der Orff-Stiftung mit Sitz in Dießen könne er momentan nämlich keine finanzielle Förderung erwarten, sagt Veranstalter Florian Zwipf-Zaharia aus Füssen. Ihre Einnahmen, vorwiegend Tantiemen aus Orff-Aufführungen auf der ganzen Welt, seien stark zurückgegangen, weil die Konzerte in der Pandemie reihenweise ausfielen. Dazu komme, dass die Stiftung große Projekte wie den Aufbau des neuen Museums im Dießener Ziegelstadel stemmen müsse, wo der Komponist fast drei Jahrzehnte lebte und arbeitete. Die Förderung des Bundes ersetzte allerdings nicht ganz das, was die Stiftung in den Vorjahren freiwillig gegeben habe, so Zwipf-Zaharia. Deshalb erwartet die Zuhörer von 28. Juli bis 5. August auch weitgehend ein Sparprogramm.

Nur beim mittelalterlichen Ritterturnier auf Schloss Kaltenberg lässt es der 63-jährige Impresario ordentlich krachen: "Carmina Burana Cavallo" nennt sich die wegen der Pandemie schon zweimal verschobene Aufführung, also Orffs Liebes- und Sauflieder im Galopp. 30 Reiter mit Pferden unter anderem der portugiesischen Hofreitschule sind mit von der Partie, Zwipf-Zaharia, vormals ein passionierter Reiter, ist extra nach Lissabon geflogen und hat die Lusitanos ausgesucht. In der Arena traben außerdem Feuerreiter an, es gibt eine durchchoreografierte Freidressur und Reiter mit Garrocha, einer drei bis vier Meter langen Holzstange. Musikalisch sind die Philharmonie Salzburg mit ihrer Dirigentin Elisabeth Fuchs, das Mendelssohn Vocalensemble, der Tölzer Knabenchor und die Solisten Johannes Kammler (Bariton), Gloria Rehm (Sopran) und Kevin Conners (Tenor) aufgeboten. Zuvor geben noch Quadro Nuevo und die Philharmonie Salzburg ihr Crossover-Programm "End of the Rainbow" mit Tangos, Eigenkompositionen und Schlagern.

Festival: Gehaltvoll lyrische Sopran-Stimme: Lydia Teuscher sang brillant und mit Witz.

Gehaltvoll lyrische Sopran-Stimme: Lydia Teuscher sang brillant und mit Witz.

(Foto: Shirley Suarez)

An den anderen Festivalabenden und -vormittagen geht es überschaubarer zu. Zum Auftakt am 28. Juli im Fürstensaal des Klosters führen die Sopranistin Lydia Teuscher und ihre Klavierbegleiterin Margarita Oganesjan romantische Lieder von Orff, Brahms, Strauss und Alexander von Zemlinsky auf. Bei den Vorstellungen der "Bernauerin" mit dem Kyiv Symphony Orchestra kommt der Chor vom Band, statt knapp 20 sind nur sechs Schauspieler dabei, die Doppel-, Dreifach- oder Vierfachrollen spielen und auch die schwierig zu skandierende Hexenszene übernehmen. In Originalfassung ist das Welttheater nur auf Leinwand zu erleben: Am 30. Juli läuft eine 1959 vom BR produzierte Verfilmung mit Schauspielern wie Maximilian Schell und Hans Clarin im Kloster.

Festival: Godela und Carl Orff.

Godela und Carl Orff.

(Foto: FFB)

Ansonsten ist noch eine Lesung mit Musik am 31. Juli in Andechs geboten. Angela Hundsdorfer, Regisseurin der schon 2021 in Andechs gezeigten "Bernauerin" und selbst Schauspielerin, porträtiert Orffs einzige Tochter Godela. Margarita Oganesjan spielt zwischendurch Musik des Komponisten. Die Matinee hat den Titel "Tochter eines Düpferlscheissers". Wobei das Wort, das Orff selbst gebraucht hatte, nicht für Pedant und Besserwisser steht, sondern für einen Mann, der Noten aufs Papier wedelt.

Orff-Festival Andechs-Ammersee: "Bernauerin" am 29. Juli (19.30 Uhr) sowie am 30. und 31. Juli (jeweils 15 und 19.30 Uhr) im Florian-Stadl des Klosters Andechs, "Carmina Burana Cavallo" am 5. August (20 Uhr) auf Schloss Kaltenberg. Karten unter www.orff-festival.com

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