Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Großmütter wollen das Klima retten

Die Gautinger "Omas for Future" setzten sich nach dem Vorbild von Schülern und Jugendlichen für den Klimaschutz ein.

Von Blanche Mamer

Ein großes Herz aus Pappe mit einem meerblauen Hintergrund und der Abbildung der Erde ist ihr Zeichen. Noch ist das Emblem von "Omas for future" nicht groß bekannt, was sicher auch an der Corona-Krise liegt, und noch ist es eine eher kleine Gruppe an Mitstreitern, doch das Interesse wächst.

Vor etwa einem Monat hat Ulrike Bubenzer die Initiative ergriffen und in Gauting eine Regionalgruppe für Senioren jeden Alters gegründet, die sich nach dem Vorbild der Jugendlichen und Kinder für Klimaziele stark machen will. Wegen der strengen Kontaktbeschränkungen hatte sie nicht auf der Straße werben können, doch sie hat mit einem einfachen Mittel Gleichgesinnte gefunden: "Ich habe Bierdeckel beschriftet und diese in Bioläden und in der Buchhandlung, als diese wieder öffnen durfte, ausgelegt" erzählt sie. Ihr eigenes Interesse war durch einen Artikel in der Naturkost-Zeitschrift "Schrot und Korn" geweckt worden.

"Ich habe das Engagement der Jugendlichen bei "Friday for Future" von Anfang an unterstützt, habe an den Demos in München teilgenommen. Doch ich habe die Unterstützung meiner Generation vermisst." Als Bubenzer den Artikel über die Bewegung gelesen hatte, habe sie gleich gewusst, dass das der Weg sei, ältere Menschen zu erreichen. "Es geht darum, uns gemeinsam für den Erhalt einer Welt einzusetzen, in der auch noch unsere Kinder, Enkel und weitere Generationen die Schönheit und Einzigartigkeit genießen können."

Nach dem Vorbild der ersten Gruppe, die im vergangenen September in Leipzig entstanden ist, will sie nun möglichst viele Menschen mobilisieren, um die eigenen Lebensgewohnheiten und das Konsumverhalten im Hinblick auf den Einklang mit der Natur zu überdenken. Und als Bürger intensiv Einfluss auf Unternehmen, Handel und Politik zu nehmen. "Es darf einfach nicht sein, dass jetzt schon wieder über eine Abwrackprämie für Autos diskutiert wird, die nur Ressourcen verschwendet, statt die Chance zu nutzen, jetzt eine klimaneutrale Industrie zu fördern. Für uns heißt das nicht, ganz aufs Auto zu verzichten, das wäre unrealistisch. Wir können aber bewusst handeln, zum Beispiel Kurzstrecken im Auto vermeiden und unsere Einkaufsgewohnheiten überdenken", sagt die 61-jährige, die Geigerin ist und aus Gräfelfing stammt. Nach mehr als zwei Jahrezhnten in Ulm lebt sie seit fünf Jahren - seit ihr Mann in Pension ist - in Gauting. So langsam beginne sie Wurzeln zu schlagen, meint sie.

Als mündiger Bürger müsse man sich aktiv mit der Politik auseinandersetzen und, sobald etwas nicht passe, etwas Besseres dagegen setzen. "Die Corona-Krise geht vorbei, doch die Klima-Krise bleibt", sagt die Mutter von zwei Söhnen und Oma von zwei Enkeln. Bubenzer hofft, durch die Regionalgruppe möglichst viele Ältere zu erreichen, egal ob Omas, Opas oder junge Eltern. Das Ziel der Initiative sei bekannt, nun gehe es darum, über Einzelaktionen die Bürger anzusprechen. "Sobald die Kontaktbeschränkungen so weit gelockert sind, dass wir uns auch als Gruppe treffen können, wollen wir uns kennenlernen, ein Konzept entwickeln und Ideen für Projekte erarbeiten", verspricht sie. Dabei gelte es auch, den eigenen Ort im Blick zu behalten, Fragen zu stellen, Auswege aufzuzeigen und Vorschläge einzubringen, unabhängig von der politischen Richtung.

"Die Thematik ist so wichtig. Das Interesse der Menschen an Umweltthemen ist riesig, was sich bei allen Umfragen zeigt", meint auch Heidi Köbele (Grüne). Die Initiative finde sicher auch Mitstreiter bei jenen, die sich bisher weder für grüne Politik noch für Naturschutzthemen erwärmt hätten, und spreche Leute mit unterschiedlichen politischen Ausrichtungen an.

Infos: gauting.omasforfuture.de. Erreichen kann man die Omis unter gauting@omasforfuture.de.

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Quelle:
SZ vom 26.05.2020
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