Oberpfaffenhofen:Erik Bertholds Schlussakkord

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"Das ist doch mein Lebenswerk", sagt Erik Berthold. Dennoch wird er in drei Monaten seinen Musikalienladen "Acoustic Corner" schließen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der 53-Jährige schließt seinen Gitarrenladen in Oberpfaffenhofen und die Musikschule "Easy Learning". Neue Auflagen haben ihm das Leben schwer gemacht. Künftig will er sich auf seine Auftritte konzentrieren

Von Otto Fritscher, Oberpfaffenhofen

Heute hier / morgen dort / bin kaum da, muss ich fort / hab' mich niemals deswegen beklagt / hab es selbst so gewählt, /nie die Jahre gezählt.

Erik Berthold sitzt auf einem Podest in seinem Instrumentenladen, umringt von Gitarren, akustischen wie elektrischen, und einem Xylofon. "Dieses Lied von Hannes Wader trifft meine momentane Stimmung am besten", sagt der 53-Jährige. Man sieht dem bayernweit bekannten und mit dem Bürgerpreis ausgezeichneten Musiker den Gram an, wenn er davon spricht, wie er einen Teil seines "Lebenswerks" aufgeben muss, wie er an diesem nebligen Dienstagvormittag sagt. Denn voraussichtlich Ende April schließt er seinen Gitarrenladen "Acoustic Corner", den er vor zehn Jahren voller Euphorie eröffnet hat, und auch seine Musikschule "Easy Learning" macht in drei Monaten dicht. Die Entscheidung sei ihm "nicht leicht gefallen, ich finde es zum Kotzen", sagt der Musiker, der pro Jahr in ganz Bayern zusätzlich etwa 200 Live-Auftritte bestreitet und im Fünfseenland mit vielen Musik-Projekten fest verwurzelt ist. Die Gründe sind, auch wenn es Berthold nicht so direkt sagen will, finanzieller Art. "Immer mehr Vorschriften und Auflagen haben mich sowohl im Laden als auch mit der Musikschule eingeengt", sagt er. So habe er mit "Easy Learning" mit den kommunalen Musikschulen in Gilching, Inning und Starnberg konkurrieren müssen, die hohe Zuschüsse von den Gemeinden bekommen.

Berthold indes muss nach seinen Worten seit dem Jahreswechsel um die 5000 bis 8000 Euro Förderung bangen, weil der Freistaat nur noch zertifizierte Musiklehrer bezuschussen will. "Ich hab' aber junge Leute, die fünf, sechs Jahre bei mir Unterricht genommen haben, und jetzt selbst unterrichten", sagt Berthold. "Die Zuschüsse hab' ich jedes Jahr gebraucht, dass es grad so ausgegangen ist." Ein anderes Beispiel hält er in den Händen: Eine Gitarre mit einem Griffbrett aus Palisanderholz und Intarsien aus dem gleichen Holz rund um das Schallloch. Berthold zeigt auf die Rückseite des Gitarrenhalses, wo ein kleiner Aufkleber zu finden ist, der besagt, dass das Holz für das Instrument nicht gegen Umweltbestimmungen verstößt. Eine neue Vorschrift. "Ich habe eine Liste mit 200 Instrumenten an die Umweltbehörde im Landratsamt geschickt, die haben dann einen Stempel drauf gemacht, dass alles in Ordnung ist." Oder da sind die 30 Rauchmelder, die er in den Unterrichtsräumen in seinem Haus in der Ortsmitte von Oberpfaffenhofen installieren musste.

Wie geht es jetzt weiter? "Ich kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen, mein Hauptgeschäft sind ja seit 30 Jahren meine Live-Auftritte", sagt er. Dadurch habe er, so Berthold durchaus selbstkritisch, "andere Bereiche meiner Unternehmertätigkeit vernachlässigt". Den Laden wird er nach einem Ausverkauf in gut drei Monaten schließen, er hofft aber, dass der Raum "irgendwie kreativ" weiter genutzt wird. Und die Musikschule, an der 15 Lehrer beschäftigt sind, die 250 Schüler in allen möglichen Instrumenten und sogar Gesang unterrichten? "Es wäre schön, wenn die Lehrer ihre jeweiligen Schüler selbständig weiter unterrichten würden", sagt Berthold, aber auch über die Gründung eines Musiklehrer-Vereins werde nachgedacht. "Da gibt es viel weniger Auflagen und Vorschriften, wie ich sie mit der Künstlersozialkasse habe", erklärt er. Was bleiben wird - das ist Erik Berthold sehr wichtig - ist das Konzert- und Kulturbüro "Acoustic Corner". Und Berthold wird auch weiterhin mit der Francis-Band, der Lebenshilfe, der Fünfseen-Schule, Asylbewerbern und anderen in Projekten zusammenarbeiten.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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