SZ-Kolumne: Ham Ham Hemminger, Folge 34Von Bärenspuren, edlem Rotwein und Ziegenfleisch

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Kostas zeigt den Kindern die Spuren von Bären, Wölfen und Hirschen. Er ist ein kundiger Gastgeber.
Kostas zeigt den Kindern die Spuren von Bären, Wölfen und Hirschen. Er ist ein kundiger Gastgeber. (Foto: Patrick Hemminger/oh)

Familie Hemminger ist in einer einsamen Gegend von Nordgriechenland unterwegs. Im Dorf Komninades leben nur noch 30 Menschen.

Von Patrick Hemminger, Bernried

„Achtung!“, sagt Kostas. „Hier war ein Bär, seht ihr die Spur?“ Eine handtellergroße Pfote hat sich vor uns in den Schlamm gedrückt. „Daneben seht ihr einen Wolf, das dort drüben war ein Wildschwein und hier kam ein Hirsch entlang.“ Wir blicken uns nervös um. Doch außer dem Rauschen des Windes ist nichts zu hören, kein Bär weit und breit. Doch halt, hat es da nicht gerade im Gebüsch geraschelt? Kostas winkt ab: „Keine Sorge, die hauen alle ab, wenn sie uns kommen hören.“

Wir sind im Norden Griechenlands, im Dorf Komninades. Die meisten Häuser sind verfallen. 30 Menschen leben hier noch, Kinder hat es im Dorf schon lange keine mehr gegeben. Hinter den Hügeln liegt Albanien. Zur Weinlese kommen die Albaner mit ihren Pferden über die Berge geritten, erzählt Kostas.

Kostas ist Anfang 50 und ein wunderbarer Gastgeber. Er hat uns eingeladen, mit ihm Morcheln suchen zu gehen. Die Gegend sei voll davon und die Pilze wachsen nur jetzt, Anfang April. Das Auto holpert durch den Wald, die Kinder werden durchgeschüttelt, für sie ist es ein großes Abenteuer. Doch außer Bärenspuren und ein paar Wolfsabdrücken finden wir nichts.

Macht nichts, Kostas hat in den letzten Tagen genug gesammelt. Zuhause feuert er den großen Holzbackofen an. Er hat das Haus seines Großvaters renoviert, macht dort gemeinsam mit einem Freund aus Thessaloniki Wein, organisiert Abende rund ums Thema Essen und Trinken. Bald ist der Ofen heiß genug für Kartoffeln und große Stücke Ziegenfleisch. Als alles im Ofen ist, gehen wir ins Kafenion, das Dorfcafé. Dort treffen sich zur Mittagszeit die Männer aus dem Dorf und die, die weggezogen sind. Es wird geraucht, Tsipouro (traditioneller Tresterbrand) getrunken, der eine oder andere bestellt sich dazu einen kleinen Teller mit eingelegtem Gemüse.

Bei Wein und Rührei vergehen die Stunden

Zeit zum Plaudern. Kostas Großeltern waren Pontosgriechen. Sie mussten im Zuge des Bevölkerungsaustausches 1922 nach dem Ende des Griechisch-Türkischen Krieges ihre Heimat am Schwarzen Meer verlassen. Genauso wie weitere eineinhalb Millionen Menschen. Einige von ihnen siedelten sich in Komninades an. Und obwohl Kostas längst auch ein Haus in der etwa eine halbe Stunde entfernten Stadt Kastoria hat und dort eine Weinbar betreibt, zieht es ihn immer wieder hierher.

Wir bekommen Hunger. Aber die Ziege im Holzofen ist noch nicht fertig. „Egal“, sagt Kostas, entkorkt eine Flasche seines Xinomavro, ein eleganter Rotwein mit kräftigen Tanninen, und verschwindet in der Küche. Wir überbrücken die Zeit mit frittierten Auberginenscheiben und einem Rührei mit Morcheln. Wir essen, wir trinken, wir reden. Der Mittag plätschert unbeschwert vor sich hin, wird unbemerkt zum Nachmittag. Es ist schon fast 17 Uhr, als wir uns über Ziege und Kartoffeln hermachen. „Jetzt werden die Bären bald wieder aktiv“, sagt Kostas. Nun könnten wir noch mal losgehen und uns auf die Lauer legen. Aber dafür sind wir viel zu satt.

Kantinenessen, Hortpampe, Alltagsbrei – Familie Hemminger aus Bernried hat es satt und bricht auf. Das Ziel: Das beste Essen in Europa finden. Was sie dabei erlebt, erzählt die Familie an dieser Stelle in der wöchentlichen Kolumne „Ham Ham Hemminger“. Mehr Informationen gibt es im Blog www.travelandtaste.world und im Podcast Travel&Taste - Reise durch Europa“. Alle weiteren Folgen der Kolumne gibt es hier.

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