Neue Wohnäuser:Ein Modell wird belagert

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Die Debatte um eine geplante Siedlung in Gauting ist ein zentrales Thema bei der Bürgerversammlung. Kritiker warnen vor einer Verstädterung. Bürgermeisterin Brigitte Kössinger weist auf den Wohnungsmangel in der Gemeinde hin

Von Blanche Mamer, Gauting

Die Zukunft des sogenannten AOA-Geländes an der Ammerseestraße ist nach wie vor ein Streitthema in Gauting. Entsprechend dicht umlagert war bei der Bürgerversammlung ein Tisch mit einem Modell der dort geplanten Wohnsiedlung. Mehr als 200 Besucher waren am Montag ins Bosco gekommen.

Die Planung auf Grundstücken von Verband Wohnen, Katholischem Siedlungswerk, Gemeinde und der Diehl-Gruppe, der das leer stehende Firmengebäude gehört, stößt weiter auf Kritik. Auch Anwohner der Ammerseestraße und der angrenzenden Bereiche empfinden die Planung von bis zu 300 Wohnungen als zu groß und zu dicht. Ein Großteil der Wohnungen gehe an Menschen, die bereits in Gauting wohnten oder hier eine Arbeit haben, zum Beispiel Betreuerinnen, Polizisten, Handwerker oder Gautinger, die im Ort bleiben wollen, jedoch noch bei den Eltern leben, sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU). Allein in Gauting gebe es 245 Bürger mit einem Wohnberechtigungsschein, die dringend eine Wohnung suchten. Oft hätten sie größere Familien.

Die interessierten Bürger werfen bei der Gautinger Bürgerversammlung einen Blick auf das Modell des AOA-Geländes. (Foto: Georgine Treybal)

Warum sie den sozialen Aspekt nicht auch bei dem Neubau, der gerade auf dem ehemaligen Grundschulgelände an der Bahnhofstraße entsteht, angewendet habe, fragte Eckhard Müller-Guntrum von der Initiative "Gauting Aktiv". Er kritisierte zudem die Geschosshöhe und Baudichte der geplanten Wohnhäuser und wehrt sich gegen eine "schrittweise Verstädterung". Er warf Kössinger und dem Gemeinderat vor, das Gesicht Gautings zu zerstören und forderte einen breit angelegten Bürgerdialog unter der Leitung von unabhängigen Experten, ähnlich dem Leitbild von 2007.

Bürgermeisterin Brigitte Kössinger informierte die Besucher über aktuelle Entwicklungen. (Foto: Georgine Treybal)

Auch Ulla Ziegler vom "Bürgerforum" wollte eine Prognose für die Zukunft. Noch sei Gauting ein Wohnort im Grünen. Durch die Siedlung beim AOA-Grundstück mit bis zu 800 neuen Bewohnern und die drei geplanten Gewerbegebiete nehme die Einwohnerzahl enorm zu, ebenso der Verkehr. Die Folgen seien ein steigender Bedarf an Schulen, Kindergärten und Bussen.

Kössinger verwies auf die Bürgerbeteiligungen und die Vorgaben, die sie vom früheren Gemeinderat geerbt hatte. Die Forderung, den bestehenden Bebauungsplan, der 2002 beschlossen wurde, umzusetzen, wies sie ab. Andreas Albath von der Initiative "Zukunft Gauting" warf Ziegler und Müller-Guntrum vor, sie wollten ein Gauting für die, die Besitz haben. Er wies zudem auf den Bürgerentscheid hin, durch den die Bebauung auf dem Grundschulareal mit großer Mehrheit befürwortet wurde.

Haushalt

In ihrem Rechenschaftsbericht erläuterte Bürgermeisterin Kössinger in der Bürgerversammlung die Haushaltslage der Gemeinde, die sich zum vergangenen Jahr nicht wesentlich verändert habe. Mit 19 Millionen Euro sei die Einkommenssteuer sehr gut, dagegen seien neun Millionen Euro Gewerbesteuer schwach. Zudem habe die Kommune zwölf Millionen Euro Schulden. Durch den Doppelhaushalt sei mehr Flexibilität möglich, die Chancen bei der Auftragsvergabe seien besser, sagte Kössinger. Die Rechtsaufsicht im Landratsamt habe eindringlich darauf hingewiesen, dass Gauting seine finanzielle Situation verbessern müsse, damit es auch in Zukunft seine Pflichtaufgaben leisten könne.

Kindergärten

Kössinger erläuterte, seit 2015 habe die Gemeinde 245 neue Kinderbetreuungsplätze geschaffen, sodass es rein rechnerisch genügend Plätze gebe. Es sei aber vorgekommen, dass Eltern eine Absage bekommen hätten, weil Erzieherinnen nicht nach Gauting kommen könnten, da sie keine bezahlbare Wohnung finden. Nach ihren Worten mussten Gruppen geschlossen werden, wenn eine Erzieherin kündige, krank oder schwanger wurde. Dann könne der gesetzliche Betreuungsschlüssel nicht erfüllt werden, berichtete Kössinger. Mehr denn je sei es notwendig , Betreuer von auswärts herzuholen.

Bahnhof

Bei der Liste der aktuellen Projekte hatte sie eine für viele Gautinger gute Nachricht: Das alte Bahnhofsgebäude soll erhalten bleiben. Darin seien sich alle sechs Büros, die ein Plangutachten erstellt haben, einig gewesen. Die Vorschläge für die übrigen Flächen gingen weit auseinander. Den besten Entwurf haben die Stadtplaner Beer, Bembé, Dellinger eingereicht. Die Bürger sollen vom 14. Oktober an Gelegenheit haben, den Siegerentwurf und die weiteren Vorschläge anzuschauen.

Verkehr

Eine gute Nachricht hatte die Bürgermeisterin für die Radfahrer. Ein Schutzstreifen an der Bahnhofstraße bergauf sei vom Landratsamt genehmigt worden, berichtete sie. Das Gesamtverkehrskonzept solle in einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses am Donnerstag, 5. Dezember, verabschiedet werden.

© SZ vom 09.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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