Neue CD:Zwischen zwei Ungeheuern

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Vorliebe für bildhafte Klänge: der Cellist und Komponist Graham Waterhouse aus Weßling. (Foto: Nila Thiel)

Der in Weßling lebende Komponist und Cellist Graham Waterhouse hat das Album "Skylla und Charybdis" mit zeitgenössischer Kammermusik herausgebracht

Von Reinhard Palmer, Weßling

Damit hat der Komponist Graham Waterhouse wohl kaum gerechnet: dass seine CD-Aufnahmen in den Kontext einer Pandemie geraten würden. Es war für den in Weßling lebenden Musiker an der Zeit, diese Werke festzuhalten, hatten sie doch genügend Reifezeit gehabt. Entstanden waren diese Kammermusiken in den Jahren zwischen 2000 und 2015, bis zur endgültigen Fassung gelangten sie immer wieder in Konzerten zur Aufführung. Jetzt ist die Scheibe "Skylla und Charybdis" herausgekommen - und trifft thematisch den Zahn der Zeit.

Mit der "Rhapsodie Macabre" holen die fünf Musiker Katharina Sellheim (Klavier), David Frühwirth (Violine I), Namiko Fuse (Violine II), Konstantin Sellheim (Viola) und Waterhouse (Violoncello) die Hörer aus der Corona-Realität ab und führen sie durch eher bedrückende Welten. Bis auf die aphoristische "Kolomyjka" op. 3a, einen polnisch-ukrainischen Tanz, der im Programm zwischendurch für beschwingte Heiterkeit in volkstümlicher Manier sorgt und eine Verschnaufpause in der schweren Materie beschert.

Dennoch ist es keine schwermütige CD, denn der gebürtige Londoner Waterhouse zeigt in den Werken einmal mehr seine Vorliebe für bildhafte Erzählung und vielfältig emotionale Dramaturgie. "Bei Nacht" op. 50 ist in diesem Kontext ein aufschlussreiches Werk, da es nach dem gleichnamigen Gemälde von Kandinsky entstanden ist und eine Geistesverwandtschaft erhellt. Auch der Maler deutete das Gegenständliche nur an, berauschte sich indes an abstrahierenden Formen gespenstischer Gestalten und einer feinsinnigen Farbpalette.

Die Freude an Kontrasten hat das Werk von Waterhouse mit Kandinskys Gemälde gemein. Wobei sich der Komponist zwischen zartlyrischer Versponnenheit, drängendem Spuk und groovender Ruhelosigkeit bewegt. Es geht in diesem Fall weniger um harmonische Balance als vielmehr um einen schmalen Pfad zwischen den zwei Ungeheuern, Skylla und Charybdis an der Straße von Messina, um ein Durchschlüpfen zwischen zwei Lebensbedrohungen.

Der Titel des Klavierquartetts "Skylla und Charybdis" wird also insgesamt Programm, und Waterhouse navigiert mit erstaunlicher Sicherheit und kompositorischer Reife durch die Untiefen. Alle Werke der CD sind Ensembles mit Klavier zugedacht, wobei das Tasteninstrument in unterschiedliche Rollen schlüpft. In der "Rhapsodie Macabre" geht es sogar um einen konzertanten Anspruch, den die exzellenten Instrumentalisten mit orchestraler Größe meistern. Nahezu magisch in "Bells of Beyond", einem schauderhaft schönem Herüberwehen aus dem Jenseits.

Die Bestellung der CD ist über die Website grahamwaterhouse.com möglich. Preis: 15 Euro zuzüglich Versand.

© SZ vom 11.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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