Nepomuk:Wenn die Feuerwehr ruft

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Eine Werbeaktion soll Eltern zur Wehr bringen - damit ihre Kinder stolz auf sie sind

Von EUER NEPOMUK

Ich bin heute etwas verwirrt. Früher hätte ich gedacht, dass es an den Feiertagen liegt. Irgendwann weiß man schon nicht mehr, welcher Tag gerade ist. Oder am Vollmond. Da spinnen viele. Diesmal verhält es sich anders. Als ich in dieser Woche zur Post in Starnberg gehen wollte, also durch die Rheinlandstraße, fiel mir ein großes Plakat auf, das am Feuerwehrhaus der Freiwilligen Starnberger Feuerwehr hing. Darauf stand: "Mach Dein Kind stolz. Komm zur Freiwilligen Feuerwehr!" Ich musste gleich mehrmals lesen, zum Schluss sogar laut. Wenn die Werbeleute das erfahren, werden sie sehr zufrieden sein: Immerhin beschäftigt man sich mit diesem Spruch. Ich glaube, er bringt jeden ein bisschen ins Grübeln. Außer diesem klar formulierten, moralisch aufgeladenen Angebot sind auf dem Plakat noch zwei süße Kinder zu sehen und ihre bittenden Blicke. Wer hätte jetzt kein schlechtes Gewissen als Elternteil? Also auf zur Feuerwehr, kann ich nur sagen!

Allerdings - und das verwirrt mich eben - frage ich mich: Wenn die Eltern bei der Feuerwehr sind, wer passt dann auf die Kinder auf? Feuerwehrversammlungen, das weiß ich aus Erfahrung, können mitunter sehr lange dauern. Von den Einsätzen gar nicht zu reden. Was geschieht dann mit den lieben Kleinen? Heißt es nicht in jedem modernen pädagogischen Wälzer, dass die Kinder vor allem Elternnähe schätzen? Das soll übrigens ganz oben auf der Wunschliste stehen. Und nun sind Mama und Papa bei der Feuerwehr, also nicht zu Hause, sondern wieder einmal unterwegs. Wie so oft. Zudem geht es doch darum, dass man viel gemeinsame Zeit mit seinen Kindern verbringen soll. Dafür wurde die Elternzeit geschaffen. Von Feuerwehrzeit war keine Rede. Ihr seht, ich habe mich wirklich mit diesem Plakat beschäftigt, was auch daran liegt, dass ich das Engagement der Feuerwehrler bewundere. Sind ja alles "Freiwillige im Dienste der Sicherheit ihrer Mitmenschen". So in etwa stell' ich mir eine gelungene Werbeaktion vor. Sollte der Spruch Gefallen finden, dürfen ihn die Feuerwehrler ruhig übernehmen. Nur durch die Rheinlandstraße werd' ich nicht mehr laufen. Ich war so verwirrt, dass ich vergaß, zur Post zu gehen, gesteht

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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