Nepomuk:Silikonprinzessin zum Ausleihen

Wie Starnberger Stadtbücherei UN-Nachhaltigkeitsziele umsetzt

Glosse von Eurem Nepomuk

Leute, ich liebe ja diese Quizshows! Wer wird Millionär? Wer weiß denn sowas? Wer weiß mehr? Wer weiß alles? Wer weiß alles besser? Tolle Fernsehformate, ich fieber ja immer mit, wenn der Telefonjoker hörbar ins Schwitzen kommt. Und heute hab ich für die Rätselfreunde unter Euch eine Frage: Was haben Discokugel, Fenstersauger und Aktenvernichter gemeinsam? Nein, das gehört nicht zum Grundinventar eines CSU-Parteibüros, um damit Jugendnähe und Transparenz vorzugaukeln, während die letzten Spezln-Quittungen für dubiose Vermittlungsgeschäfte durch den Reißwolf gejagt werden.

Ich geb' Euch also noch einen Tipp: Auch eine Playstation, ein Hula-Hoop-Reifen, eine Konzert-Ukulele aus Mahagoni und ein Heim-Planetarium stehen ebenso auf der ominösen, genau 67 Teile umfassenden Liste. Na, dämmert's langsam? Also gut, dann kriegt Ihr noch einen Joker: Weiter stehen noch eine Silikonprinzessin, ein Häkelnadel-Set aus Bambus und fünf Nüsse für Eichhörnchen zur Auswahl. Immer noch nichts? Dann will ich Euch mal erlösen, da kann man ja wirklich nicht so einfach draufkommen: Alle diese Sachen findet man jetzt in der Starnberger Stadtbibliothek!

Seit dieser Woche kann man sich dort nicht nur Bücher und Medien ausleihen, sondern auch allerlei Krimskrams, den man vielleicht genau einmal brauchen könnte oder ausprobieren möchte, aber deswegen auch nicht gleich anschaffen will. Von einer "Bibliothek der Dinge" ist da die Rede. Ich weiß schon, da seufzt so mancher von Euch Humanisten und Bildungs-Beckmessern auf, weil "Biblion" nun mal schon seit den alten Griechen nur für Bücher steht und nichts anderes. Ich finde die Idee aber toll. Denn hier geht es nicht um Wortklauberei, sondern ums große Ganze - nämlich "die UN-Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 und die Ideale der Sharing Community", wie die Stadt stolz mitteilt. Mit den jetzt 67 Dingen sei ein Anfang gemacht, die Bibliothek soll ständig erweitert werden. Das leuchtet ja selbst mir ein: Werden Gegenstände mehrfach genutzt, müssen weniger davon gekauft und hergestellt werden. Was dann Umwelt und Ressourcen schont. Im besten Fall erkennt der Konsument schon bei der Ausleihe, dass er sich um ein Haar etwas angeschafft hätte, das doch komplett überflüssig, nervtötend oder gar klima- und naturzerstörend ist.

Zur Ergänzung dieser besonderen Bibliothek sind mir ja sofort die SUVs eingefallen, die unser schönes Fünfseenland vergiften und verstopfen. Vielleicht ließe sich ja der Eine oder Andere vom Kauf abhalten, wenn er bei der Ausleihe merkt, dass die Fahrt in einem automobilen Ungeheuer weder das soziale Ansehen noch die Potenz stärkt. Leider aber passen adipöse Straßenpanzer nicht in Büchereiregale. Doch für zumindest einen der 24 städtischen Laubsauger, die seit neun Jahren tatenlos im Bauhof vor sich hingammeln, müsste sich dort doch ein Plätzchen finden, hofft Euer Nepomuk

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