Nepomuk:Schatz, die Schublade klemmt

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Was hat ein schwarzes Loch mit einem Kasten gemeinsam, in dem sich Besteck und Suppenkellen verkeilt haben? Ganz einfach: Beide geben nichts mehr her

Von Eurem Nepomuk

Der Mensch soll bekanntlich nicht in Schubladen denken, Ihr Lieben, aber manchmal fehlt einem einfach die Kraft zur Differenzierung. Wer vor einem simplen, aber für ihn trotzdem kaum lösbaren handwerklichen Problem steht, neigt in seiner Verzweiflung schon mal dazu, den Praxiswert menschlichen Forschergeistes für äußerst gering und sogar eine der erstaunlichsten Erfindungen überhaupt für puren Quatsch zu halten: das Internet. Denn welche Lösungen bieten einem all diese Ratgeberseiten und Bastelforen online an, wenn's mal richtig klemmt im Haushalt? Sie empfehlen Holzwachs, Rütteln, einen kräftigen Schlag auf die Arbeitsplatte und ähnlich unwirksames Zeug. Ach, es ist schon zum Verzweifeln: Die Menschheit wird mit dem James-Webb-Teleskop bald das Licht der ersten, nach dem Urknall entstandenen Galaxien und Supernovae beobachten und ist der dunklen Energie auf den Fersen. Aber wenn die Küchenschublade nicht aufgehen will, hilft alles gesammelte Wissen nichts.

Ja, das klingt jetzt ziemlich engstirnig, ich geb's zu. Was haben schwarze Löcher schon mit einem Kasten zu tun, in dem sich Besteck verkeilt hat, Suppenkellen und Wiegemesser, außer dass beide nichts mehr hergeben? In meinem Fall ist die Sache aber wirklich prekär. Denn in Nepomukas Schublade, die ich öffnen soll, finden sich seit Jahren gehegte Silvesterschätze: ein ganzes Sortiment von Wunderkerzen in Schwanenform, das einst im Besitz des Märchenkönigs war, und Tischvulkane der Grafen von Andechs-Meranien. Dazu Knallfrösche aus den frühen Tagen der Industrialisierung, Lichtfontänen der Ära Willy Brandt und Korkenzieher der NASA in Raketenform, die sich wohl so unglücklich ineinander verschlungen haben, dass nichts mehr geht. Ich frag' Euch: Warum müssen immer Männer mit zwei linken Händen so schwierige Aufgaben übernehmen? Wo sind sie geblieben, die "Hausfrauen ohne Furcht und Tadel", wie sie noch 1958 in der Zeitung beschworen worden sind?

Ihr werdet es nicht glauben, aber ich hab' schon das Aufmeißeln der marmornen Arbeitsplatte in Erwägung gezogen. Besser noch den Abriss der kompletten Küchenzeile. Oder kontrollierte Brandstiftung durch die Feuerwehr Erling-Andechs, da hätte Nepomuka wenigstens noch ein bisschen was von ihrem Feuerwerk. Gut, das ganze Haus wäre wohl am Ende verraucht. Nepomuka und ich würden eine Woche lang in Löschschaum waten. Und unter drei Kästen Bier macht's die Feuerwehr wahrscheinlich auch nicht. Aber was soll's, das wär's mir wert. Mit Silvestergrüßen, Euer Nepomuk

© SZ vom 31.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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