Nepomuk:Reif für die Zelle

Es ist höchste Zeit, einfach mal wieder nach London zu reisen

Von Eurem Nepomuk

Geister sind zwar naturgemäß schlau. Drum heißt meine Spezies ja auch so. Doch auch unsereins muss in jungen Jahren fürs Leben lernen. Und weil Reisen bildet, bin ich als kleiner Geist schon viel herumgekommen. Vor allem nach London. Ach, was sag' ich Euch: Nichts auf dieser Welt war toller als diese Stadt. Nicht wegen des Towers. Auch nicht wegen Big Ben, Westminster Abbey oder Hyde Park. Da hätte ich gleich zuhause bleiben können, denn so was haben wir ja auch. Unser Tower ist die JVA in Rothenfeld, unser Big Ben der Zwiebelturm in Weßling, unser Westminster Abbey der Heilige Berg, unser Hyde-Park die Roseninsel und der Lenné-Park. Also deswegen muss kein Mensch und erst recht kein Geist nach London fahren. Schon gar nicht jetzt in Zeiten des Brexit. Aber den habe ich damals, als kleiner Geist, ohnehin nicht für möglich gehalten.

Mir ging es um was anderes. Um die roten Telefonhäuschen. Wunderschön finde ich die. Deren Prototyp hat einst, 1924, der berühmte britische Architekten Sir Giles Gilbert Scott für die britische Postbehörde entworfen. Mit Kuppeldach. Großartig. Ich schwör's Euch: Kein einziges dieser Häuschen habe ich in London verpasst. In alle bin ich hineinmarschiert. Und das nicht nur einmal. Herrlich! Und weil es die dort jetzt nicht mehr gibt, bin ich auch nicht mehr hingefahren. Stattdessen habe ich hier meiner Liebe zu Telefonzellen gefrönt. Vor allem die gelben haben es mir angetan. Gut, die wurden leider immer weniger und dann sukzessive von diesen pink-grauen Teilen abgelöst.

Aber mei, ich habe mich an sie gewöhnt. Deshalb wollte ich sie auch erhalten. Zumindest in Stegen. Da bin ich nachts extra hin, habe das Kleingeld, das ich als Geist besitze, reingeworfen und telefoniert. Leider nur für 13 Cent. Zu wenig für die 50 Euro, die die Zellen im Unterhalt kosten. Sagt die Telekom - und will sie nun abbauen. Und der Inninger Gemeinderat stimmt dem auch noch zu, statt so ein Ding zu kaufen. Das geht in Deutschland. Übrigens auch in England: Da machen die sogar Pubs draus. Ein Traum. Deshalb wird's nun doch mal wieder Zeit für mich zu verreisen. Nach London, zum Beispiel. Aber nur mit genügend Kleingeld, findet

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