Nepomuk:Rausch an der Orgel

Ein Konzert in Herrsching vereint Wein und Bibel - was längst überfällig ist. Immerhin befassen sich 979 Stellen in der Bibel direkt oder indirekt mit Alkohol.

Kolumne Von Eurem Nepomuk

Ja, es ist eine Schande, aber leider ist mir vom Religionsunterricht, den ich auf dem humanistischen Nepomuk-Gymnasium genossen hab', nicht mehr viel in Erinnerung. Dabei mussten wir Teile des Alten und Neuen Testaments auswendig lernen, oh ja. Wer seine Sache gut gemacht hatte, durfte wählen zwischen Heiligenbildchen und Briefmarke. Faulpelze dagegen bekamen eine Woche Kerker, oder der Lehrer zog ihre Ohren lang, bis sie aussahen wie pubertäre Elefanten, ich weiß es nicht mehr so genau. Eine Bibelstelle ist mir immerhin in Erinnerung geblieben, weil sie so erstaunlich ist: die Hochzeit zu Kana.

Ja klar, ihr kennt sie. Jesus verwandelt Wasser in besten Wein, als das Fest längst schon seinen Höhepunkt überschritten hat. Doch das Tollste dabei ist die Menge, um die es geht: sechs randvoll gefüllte Steinkrüge, von denen jeder 100 Liter fasst. Was nur zwei Schlüsse zulässt, wenn man voraussetzt, dass es der Herr nicht übertreibt mit seinen Wundern: Entweder waren bei dieser Feier ein paar Tausend Leute. Oder die kleinere Gästeschar hat gesoffen wie verrückt.

Warum ich darauf komme? Weil die katholische Kirche in Herrsching nächsten Sonntag zu einem wunderbaren Gelage einlädt. Der große Organist Klemens Schnorr spielt sich am 13. Oktober unter dem Titel "Der Wein und die Bibel" in den Rausch. Auf dem Programm, das er und mein guter alter Freund, der frühere Andechser Kirchenmusiker Anton Ludwig Pfell, ausgeheckt haben müssen, steht zum Beispiel die "California Wine Suite" von Hans Uwe Hielscher. Und zu den einzelnen Stücken wird passenderweise Cabernet Sauvignon, Chardonnay oder Zinfandel ausgeschenkt. Alles in allem sieben Sorten, mutmaßlich angerichtet in sechs riesigen Tonkrügen, und das bei freiem Eintritt. Ja, die Kirche ist auch heutzutage noch zu Wundern fähig!

Klar, Beethoven hätte genauso gut gepasst, musikalisch wie bacchantisch, der soll ordentlich was gekippt haben. Oder Mussorgski. Nein, stopp, der war Alkoholiker. Jedenfalls: Das Motto des Abends geht in Ordnung, denn die Bibel ist fast schon so etwas wie ein Fass ohne Boden: 979 Stellen in diesem Buch der Bücher beziehen sich direkt oder indirekt auf Wein, hat der Theologen Jürgen Becker herausgefunden. Ich hoff' jetzt bloß, dass Nepomuka, meine Liebste, nichts von der Sause mitbekommt. Sie ist strikte Alkoholgegnerin und kann Wein in Wasser verwandeln. Heiter grüßt

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: