Nepomuk:Mehr Glanz

Mattgoldene Metallschindeln auf einem Neubau mitten in Starnberg. Das wäre doch mal ein Anfang

Von Eurem Nepomuk

Ihr wisst ja: Ich bin ein bodenständiger Typ. Andere mögen davon schwärmen, im Bentley nach St. Tropez zu sausen - mit meinem Mofa bräuchte ich Wochen, da holt mich das Heimweh schon in Pischlach ein. Auf die Malediven zu jetten, fiele mir im Traum nicht ein, schon wegen meiner Hai-Allergie. Und mir mit tausenden Rentnern auf einem Kreuzfahrtschiff den Wanst vollzuschlagen, ist auch nicht mein Ding. Als Massenerlebnis reicht mir schon Kempfenhausen an einem sonnigen Sommersonntag.

Nein: Wenn ich je zu einer Reise aufbreche, müsste es schon was mit Kultur sein. Oder Familie, in meiner geistlosen Heimat fühl' ich mich ja so einsam. Bei der Ahnenforschung bin ich auf mein Traumziel gestoßen: Prag! Dort hat mein Namenspatron Johannes Nepomuk gelebt, bis er von der Karlsbrücke geworfen und ertränkt wurde. Heute schieben sich zigtausende Touristen darüber, um seine Statue zu belagern. Wer dort die Namensplakette oder Nepomuks Hund berührt, dem werden Wünsche erfüllt. Vom vielen Streicheln schimmert die Bronze längst golden. Was gut zu Prag passt, das ja als Goldene Stadt gerühmt wird: Das Dach des Nationaltheaters etwa strahlt in dieser Farbe. Und nachts leuchten die Sandsteinhäuser gülden im Glühlampenlicht.

Aber all diese Herrlichkeiten werde ich als reisescheuer Brückengeist wohl nie erblicken. Was hier in Starnberg meinen Namen trägt, ist bloß ein Holzsteg. Überhaupt lässt es diese Stadt an allen Ecken und Enden an Strahlkraft missen. Da gilt man im Rest der Republik als Kapitale der Einkommensmillionäre, ist aber von goldenen Bürgersteigen weiter entfernt als von Pischlach. Immerhin hat jetzt ein Bauherr beantragt, neben der Stadtbücherei einen Neubau mit mattgoldenen Metallschindeln einzudecken. Statt zu jubeln, meckern die Stadträte aber nur daran herum: Mehrmals wurde der "Goldklumpen" im Bauausschuss als "Katastrophe" bezeichnet. Leute: Wenn Starnberg eins braucht, dann ist es mehr Glanz, denkt jedenfalls

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