Nepomuk:Autogrammstunde beim Landrat

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Selten ist der Starnberger Landrat so gefragt: Grundschülerinnen aus Tutzing stehen Schlange für ein Original-Autogramm von dem berühmten Stefan Frey. (Foto: Michael Berzl)

Warum in Tutzing jetzt ein paar Dutzend von Stefan Frey handsignierte MVV-Fahrplanbücher kursieren.

Von eurem Nepomuk, Starnberg

Eiderdaus, das kommt so überraschend wie eine pünktliche S-Bahn: Gibt doch der MVV glatt wieder einen Fahrplan heraus. Wie ist das gedacht? Geschichten aus 1001 Nacht, wie die Vorhersagen des einstmaligen Starnberger Wetterpropheten Jägerhuber oder angelehnt an Arthur Schopenhauers „Welt als Wille und Vorstellung“? Wo doch jeder weiß, dass Ankunfts- und Abfahrtszeiten von Zügen eher vom Tidenhub des Ammersees oder den Mondphasen abhängen als von menschengemachten Plänen.

Optimisten, die trotzdem einen Bahnhof aufsuchen. Sie kennen die tägliche Durchsage, dass die S-Bahn heute fünf Minuten später eintreffe. Aber warum nur heute? Also, jetzt mal offen und ehrlich: Züge treffen immer später ein. Oder gar nicht. Oder vielleicht auch woanders. Pünktlich sind sie nur, wenn man selbst ausnahmsweise fünf Minuten später eintrifft. So ist das.

So prominent wie Landrat Stefan Frey wäre der Nepomuk auch gerne mal. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Doch wenn ihr euch auf Pläne verlasst, dann seid ihr verlassen. Das lasst ihr lieben Grundschüler aus Tutzing euch gesagt sein. Da kann noch so oft die Unterschrift vom Starnberger Landrat drauf sein: 80 nigelnagelneue MVV-Märchenbücher hat Stefan Frey jüngst eigenhändig signiert. Wie es dazu gekommen ist? Ja, nun. Den Umschlag ziert eine Kinderzeichnung, die in einem Malwettbewerb entsteht; diesmal mit der Tutzinger Grundschule, die am Donnerstag die Siegerehrung im Landratsamt mit allerhand Aufführungen begleitet hat: Lichtertanz, Theaterstück, Witze erzählen und solche Sachen.

Nachdem das überstanden war, haben sich die Hinterbänkler aus der vierten Klasse auf eigene Regie Landrat Frey vorgeknöpft. Erst mal kräftig geduzt – und dann schonungslos die materiellen Verhältnisse ergründet: „Bist du eigentlich Millionär?“ Die Burschen müssen sich gedacht haben, ein Landrat ist eine Art Fürst, dem die große Hütte am Starnberger See – also das Landratsamt – selbst gehört. Eine Art Kanzler in klein vielleicht, ein Influencer gar. Auf jeden Fall prominent – also muss er auch Autogramme geben. Flugs bildet sich eine lange Schlange, und Frey muss Dutzende dubaischokoladengrüne Bücher signieren. Das hat vielleicht gedauert. Und wisst ihr was? Ich glaube, das hat dem Landrat richtig Spaß gemacht: Endlich mal wie ein Promi behandelt werden, die Fans stehen Schlange. Endlich würdigt mal jemand seine Stellung im Landratsamt! Hundert Millionen Schulden hin oder her – hier wird er für einen Millionär gehalten.

So einige Tutzinger Eltern werden womöglich gestaunt haben, was ihre Kinder da aus der Schule mitbringen. Wer weiß, vielleicht ist der Fahrplan mit der Frey-Unterschrift ja eines Tages sogar mal eine Million Euro wert? Die Schüler sind übrigens eigens per Bus nach Starnberg und wieder nach Tutzing chauffiert worden. Schlau. War eh wieder Schienenersatzverkehr, nix S-Bahn, Fahrplan hin oder her.

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