Nepomuk:Die gelbe Sausebahn zum Ammersee

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An diese Zugaufschrift hat man sich gewohnt. Wie früher schon einmal, fährt künftig wieder eine S 5 Richtung Herrsching. (Foto: Carmen Wolf)

Der Seegeist ist kein Freund von Nostalgie. An die Zeiten, als noch die gelbe S 5 Richtung Herrsching gefahren ist, denkt er allerdings gerne zurück – wenn auch mit gemischten Gefühlen.

Von eurem Nepomuk, Herrsching

Ich halte nicht besonders viel von Nostalgie. In aller Regel ist das doch immer ein großer Selbstbetrug: Die Mokkabohnen haben in der DDR nicht besser geschmeckt als im Westen; Thomas Gottschalk war in der Hochphase von „Wetten dass...?“ auch nicht unbedingt lustiger als heute. Und dieser Italien-Urlaub in Bibione? Nein, da gab es nicht die beste Pizza, die man je gegessen hat. Das war ein ziemlich labbriges Ding, die Tomatensoße total versalzen und der Belag war eher die Marke „frisch von vorgestern“. Aber das Wetter war halt toll und die Leute nicht ganz so griesgrämig wie zu Hause. Deshalb hat man das so bunt überzeichnet im Gedächtnis behalten. Aber insgesamt war früher auch nicht mehr Lametta, wenn ich diese weihnachtliche Metapher an dieser Stelle benutzen darf.

Apropos glitzerndes Lametta, weil’s gerade gut zum Thema passt: Ich war letztens mal wieder beim Sport. Da lief in der Umkleide Rapmusik, also so Bling-Bling-Glitzerrap, einer von der klassischen Sorte. Die beiden älteren Herren am Spind neben mir waren da ganz Ohr, allerdings nicht so auf die zugewandte Art. Was das denn noch mit Singen zu tun habe? Und ob man nicht mal wieder so Musik machen könne wie früher?

Nepomuk_neu (Foto: Bernd Schifferdecker)

Mei, früher. Ich erinnere mich noch gut, meine Oma hat mal genau dasselbe gesagt wie die Herren im Fitnessstudio. Rap, das ist doch keine Musik, die stottern doch nur herum. Tja! Bloß, dass speziell dieses „Früher“ jetzt halt auch schon 30 Jahre her ist – und groß anders war’s damals offenbar auch nicht. Es kann halt nicht immer und für alle Ewigkeit nur die Beatles oder Elvis Presley geben. Die Dinge ändern sich, damit muss man schon auch klarkommen.

Wie ich auf diese ganze Nostalgie-Nummer übrigens gekommen bin? Bei der Deutschen Bahn haben sie kürzlich bekannt gegeben, dass in Richtung Herrsching die S-Bahnlinie 5 ein Comeback geben wird. Mit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember soll auf der Strecke dann in der Hauptverkehrszeit nicht nur die S 8 fahren, sondern – zumindest bis Weßling – zwischendrin auch mal eine S 5. Petrolblau ist diese Linie jetzt. Früher, die älteren Herrschaften unter uns erinnern sich, war das ja die gelbe Linie.

Mei, die gelbe S 5 – das waren noch Zeiten. Wie gerne bin ich damit zu meinem Zweitwohnsitz am Ammersee rausgefahren. Da musste man nie stehen, der Sitznachbar hat nie nach Zwiebeln gerochen und vor allem: Die war auch nie zu spät. Immer auf die Minute pünktlich, ... meine ... liebe ... S 5. Moment, jetzt komme ich doch ein bisschen ins Wanken. Wenn ich mir das jetzt noch einmal durchlese: Deutsche Bahn, pünktlich – tut mir leid, da bin selbst ich als Seegeist jetzt offenbar in die Nostalgiefalle getappt. Pünktlich? Naja, manche Dinge ändern sich halt doch nie weiß Euer Nepomuk.

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