Hab’ ich euch eigentlich schon mal erzählt, wo mein erklärter Lieblingsplatz ist? Nein? Also, wenn ihr es nicht weitersagt: der Starnberger Schlossgarten. Ja, das ist der Platz, an dem ich am allerliebsten bin. Das mag für euch jetzt spießig wirken. Aber, sind wir nicht alle kleine Spießer? Jedenfalls, im Schlossgarten kann ich wunderschön die Seele baumeln lassen. Wenn ich durch den Spalierbogen mit Kletterrosen schreite oder auch mal hüpfe, dann weiß ich es wieder: Für mich gibt es keinen lauschigeren Ort auf der ganzen Welt. Zumal ich von dem kleinen Türmchen an der Schlossmauer aus weit über den See schauen kann. Über meinen See! Ganz offen und ehrlich: Da muss einem doch das Herz aufgehen.
Darum hab’ ich mir fest vorgenommen, mich irgendwann hier oben einsperren zu lassen. Ihr habt richtig gelesen: Es gibt wirklich jemanden, der den Schlüssel allabendlich umdreht und den malerischen Garten absperrt. Morgens steckt er ihn wieder ins Schloss und lässt die wenigen Besucher ein, die den Weg hinauf auf den Schlossberg finden.
Mehr Besucher verzeichnet sicher der Berger Schlosspark. Die Wittelsbacher stellen den überwiegenden Teil des Geländes am Starnberger See der Öffentlichkeit zur Verfügung. Darin steht, wie ihr alle wisst, auch die Votivkapelle, die an König Ludwig II. erinnert. Haufenweise pilgern da die Leute hin, ob sie nun die Monarchie toll finden oder nicht. Monument, Mythos, Märchenkönig: Was wollt ihr mehr?
Beim alljährlichen Gedenkgottesdienst zum Todestag vom Ludwig im Juni ist dort die Hölle los. Da kommen sie alle: die Königstreuen mit ihren Rauschebärten und den Gamsbärten auf dem Hut, Fahnenträger, Böllerschützen und Schaulustige. Alle sind sie da und bevölkern den Berger Schlosspark. Derweil halten sie mit leichtem Grusel Ausschau nach den Guglmännern, diese vermummten Geheimbündler, die alles dafür tun, dass die Legenden um den Kini-Tod weiterleben.
Apropos Tod: Leider muss ich euch heute eine traurige Mitteilung machen. Reinhard Wicher ist kürzlich im Alter von 92 Jahren gestorben. Ihr kennt ihn nicht? Das ist wirklich schade. Denn er hat ganz viele Jahre lang ehrenamtlich im Berger Schlosspark nach dem Rechten geschaut. Die Votivkapelle hat er auf- und zugemacht, mal hier, mal da ein Papierchen aufgesammelt oder auch eine liegengebliebene Flasche. Nach jedem sommerlichen Ansturm der Badegäste hat er immer wieder alles in Ordnung gebracht. Ja, Reinhard Wicher war buchstäblich der gute Geist im Schlosspark. Ob das jetzt nicht ein Job für mich wäre? Na klar. Im Geiste bin ich bei euch. Aber euren Müll müsst’s jetzt selbst einsammeln.