Leute, habt ihr meinen Kajal gesehen? Den dunkelgrauen für die Augen. Ohne den geh' ich nicht aus dem Haus. Ja ok, ich geb's zu: Ich schmink' mich. Und das nicht erst seit gestern. Und auch nicht heimlich. Im Gegenteil. Ich steh dazu. Schließlich hab' ich so schöne braune Augen, und die muss man betonen. Einen Strich am linken Lid, einen am rechten. So einfach ist das und so wirkungsvoll . . .
Unter uns, viele Männer schminken sich. Meist heimlich versteht sich, die Feiglinge. Ich hingegen mach' das offensiv. Bin ja schließlich kein grüner Hase mehr. Überhaupt bin ich in guter Gesellschaft. Ist das Schminken doch zu einer Art Volkssport geworden. Vor allem bei Kindern. Kaum ein Fest, bei dem es nicht Kinderschminken gibt. Ob das nun beim Familientag ist oder beim Mittelalter-Fest. Immer wird mit bunten Farben in den Gesichtern der Kleinen herumhantiert. Grauenhaft. Diese Katzen, Tiger, Piraten, Prinzessinnen, Spidermans und Poltergeister mit Glitzer und Glimmer.
Damit verdienen sich Studentinnen ihr ganzes Studium. Ziehen mit dem Schminkkasten quasi von Fest zu Fest und schminken jeden, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Die kleine Sarah zum Beispiel, die so gern Prinzessin sein will. Oder den kleinen Jan, der die Ritter der Tafelrunde verehrt. Können diese Elf- und Zwölfjährigen nicht einfach durch den Wald toben und Tannenzapfen sammeln, frag ich mich. Statt unschuldigen Festgästen ihre Buntnasen zu zeigen?
Da fällt mir doch nur noch der blöde Witz ein: "Zuerst schuf Gott den Mann und sah, dass es gut war. Dann schuf Gott die Frau, schaute und sagte: Ok, die muss sich halt schminken."
Und jetzt such' ich weiter nach dem Kajal. Ciao, auf bald, euer Nepomuk