Süddeutsche Zeitung

Nepomuk:Ein schönes Durcheinander

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Ein neuer Fünfseenland-Wein aus der Pfalz. Ein Starnberger Bier in Köln? Wer soll da noch durchblicken!

Glosse von Eurem Nepomuk

Pommes der Länge nach sortieren oder eine Buchstabensuppe nach dem Alphabet - da muss man erst mal drauf kommen! Der Aufräumkünstler und Kabarettist Ursus Wehrli aus der Schweiz macht so was. Liebe Leut', kennt ihr den? Der ist zum Piepen. Ganze Kunstwerke hat der schon umgeräumt. Oder einen Badestrand, so dass Handtücher und Sonnenschirme nach Farben sortiert waren - daneben auch die Badegäste und ihr Krimskrams fein säuberlich aufgereiht. Irre. Das Bild davon könnte fast im Gautinger Freibad entstanden sein. Witzig jedenfalls. Und jetzt stellt euch vor: die fünf Seen im Fünfseenland, der Größe nach sortiert und schön nebeneinander angeordnet. Und nicht so kreuz und quer wie in der Topografie des Landkreises, wo der Starnberger See arg weit in den Süden rauslappt und Wörth- und Pilsensee viel zu nah an den Ammersee hingequetscht sind. Das geht ordentlicher.

Die mit dem Fremdenverkehrsverband fusionierte Wirtschaftsförderung des Landkreises hat es schon probiert. Deren Designer hielt es für gelungen, die Landschaft in ihrem Logo in Form von drei grünen und vier blauen Strichen darzustellen und die drei kleineren Seen in Bild und Namen einfach mal wegzulassen. Kann man machen, sag ich mal.

Eine andere Variante hab' ich neulich erst auf dem Etikett einer Weinflasche entdeckt: alle fünf Seen parallel nebeneinander, der Größe nach. Auch mal ein Ansatz. Der silberfarbene Aufkleber ziert einen Grauburgunder mit 12,5 Umdrehungen, Aprikosenbukett und einem zarten Hauch von Melone. Und dann gibt es sogar noch einen Rosé mit Cassisbukett und feinen Nuancen von Stachelbeere. Die edlen Tropfen werden unter dem Label "5 Seenland Wein" verkauft und kommen aus Gilching - oder vielmehr aus Rheinland-Pfalz. Wie jetzt?

Ach, es ist alles so verwirrend. Da lässt der Florian Schuh in seiner Brauerei in Wieling Bier herstellen, eröffnet am Heumarkt in Köln am Rhein die Starnberger Alm und schenkt dort sein Helles und Weißbier aus. Und dann kommen die Rauschers aus Gilching, lassen gute 300 Kilometer weiter westlich in der Pfalz noch jenseits des Rheins ihrerseits Wein keltern, pappen das Fünfseenland drauf und schwärmen, dass man "die Lebensfreude und Vielfältigkeit unserer Heimat" rausschmecke. Wer soll da noch durchblicken? Fehlt am Ende nur noch, dass der Andechser Käse irgendwann aus der Schweiz kommt. Nicht zu vergessen der Tigermist aus Weßling, der in Marmeladengläsern deutschlandweit verkauft wird.

Ach Ursus, lass uns gemeinsam meine fünf Weingläser sortieren, und zwar der Größe nach. Irgendwie brauch' ich mehr Überblick, glaubt...euer Nepomuk.

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Quelle:
SZ vom 15.01.2022
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