Nepomuk:Ab in die Zukunft

Das erste schwarze Loch ist fotografiert, der Fusionsreaktor kommt auch bald. Schön und gut, aber wahrer Fortschritt zeigt sich in Omnibussen

Kolumne von Euer Nepomuk

Letzthin im Omnibus. Ein freundlicher junger Mann in der letzten Sitzreihe führt am Handy ein ellenlanges Bewerbungsgespräch. Ein paar Plätze weiter vorne telefoniert eine Frau offenbar mit einer Freundin, es geht um Städtereisen und die Ohnmacht, die einen in Florenz befällt, weil ja so verdammt wenig Zeit ist für so viele Sehenswürdigkeiten. Schlimm. Und dann passiert es: Kurz vor der nächsten Haltestelle ertönt eine sanfte Stimme: "Bitte achten Sie beim Aussteigen auf Radfahrer."

Ja, ihr Lieben, die Zukunft hat begonnen, und komischerweise merkt man's meist erst mit Verzögerung. Forscher haben längst das erste Foto eines schwarzen Lochs geschossen, das 12,8 Milliarden Jahre alt sein soll und trotzdem fast so aussieht wie der junge Bursche aus dem Bus, also wie ein Smiley. Der Kernfusionsreaktor Iter in Südfrankreich soll 2025 startklar sein. Gut, das könnte sich wieder verzögern, aber man muss positiv denken, wenn's um große Dinge geht. Und wovon jeder geträumt hat, seitdem Commander McLane in der uralten Sience-Fiction-Serie "Raumschiff Orion" seinem Sicherheitsoffizier Tamara Jagellovsk in den Ausschnitt geschaut hat, ist auch schon Realität: das Video-Telefonat. Jetzt ist also noch ein wahres Wunder eingetreten: Der MVV spricht mit seinen Fahrgästen, die er jahrelang im Regen stehen ließ. Wahnsinn. Er warnt sie sogar! Wenn die Zukunft sich ein Gefährt aussuchen dürfte auf Erden - ich glaub', sie würde den Bus nehmen, den X900 oder den 928er von Andechs nach Walchstadt.

Und jetzt verrat' ich Euch ein Geheimnis: Der Landkreis Starnberg, der bekanntlich zu den fortschrittlichsten überhaupt gehört, hat sogar eine Radverkehrsbeauftragtenstelle, oh ja! Jedenfalls bald wieder. Der Titel klingt spröde, aber toll ist das schon: Da kümmert sich jemand ausschließlich darum, dass Radler von A nach B kommen und nicht mit aussteigenden Passagieren zusammenknallen. Ich weiß nicht, was als nächstes kommt: Ist im Ticket irgendwann die Fußmassage inbegriffen? Können sich gescheiterte Florenz-Reisende auf der Fahrt zwischen Hadorf und Perchting ein Hologramm der Uffizien anschauen? Und: Rauscht der 901er in zwanzig Jahren durch Wurmlöcher, um die Tour abzukürzen? Okay, vielleicht dauert es noch länger, aber das wird schon, glaubt

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