Süddeutsche Zeitung

Naturschutz:Seltene Schönheit

Der Klosterwald bei der Wallfahrtskirche Maria Eich zählt nun zu den weltweiten Naturrelikten. Dort gibt es 88 bedrohte Käferarten und 50 "Methusalem-Bäume"

Von Rainer Rutz, Planegg

Ein kleines Stück Wald in Planegg ist auf dem Weg, zur Weltberühmtheit zu werden: Der Klosterwald, ein Eichen-Hainbuchenwald-Relikt bei der Wallfahrtskirche Maria Eich an der Ortsgrenze zu Krailling, gehört jetzt zu den offiziellen Projekten der Vereinten Nationen in der Initiative "UN-Dekade Biologische Vielfalt." Ausgezeichnet wurde damit das Projekt "Eremiten im Klosterwald Maria Eich", das die Bayerischen Staatsforsten, der Forstbetrieb der Erzdiözese München und Freising, der Augustinerorden, die Gemeinde Planegg und der Landkreis München vor drei Jahren mit Blick auf die außergewöhnliche Fauna und Flora des Wäldchens ins Leben gerufen hatten.

Denn hier finden sich unter anderem 88 Käferarten, die auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehen und die vom Aussterben akut bedroht sind, darunter alleine acht extrem seltene, sogenannte Urwaldkäfer, ferner eine ungewöhnliche Fülle von "Methusalem-Bäumen", die größtenteils ein Alter von bis zu 300 Jahren aufweisen.

In den vergangenen beiden Jahren wurde ein Konzept entwickelt, um das wertvolle Stück Natur dauerhaft zu erhalten. Unter anderem wurden die rund 50 Methusalem-Bäume von umgebendem Wildholz befreit, so dass sie nun als Solitäre bewundert werden können und auch die Käfer weiterhin neuen Lebensraum erhalten. Für die vielen Besucher von Maria Eich hat die Forstverwaltung etliche Schautafeln aufgestellt, die das außergewöhnliche Leben in dem Forst dokumentieren.

Dass das Waldstückchen, das vor drei Jahren mit dem Bayerischen Biodiversitätspreis ausgezeichnet wurde, heute so berühmt ist, ist vor allem auch dem Planegger Leiter des Umweltamts, Richard Richter, zu verdanken. Vor Jahren gab er den Behörden den entscheidenden Tipp. Die ursprüngliche Natur mitten im Großraum einer Millionenstadt hat die UN-Jury so beeindruckt, dass sie von sich aus den Vorschlag machte, das Waldstückchen nun erneut auszuzeichnen.

Bei der Preisverleihung am Freitagvormittag sprach der Hausherr von Maria Eich, Augustiner-Pater Matthäus, von einem "der wertvollsten Waldgebiete Bayerns: Welch ein Lebensort! Das erfüllt uns mit Stolz und Dankbarkeit." Planeggs Bürgermeister Heinrich Hofmann (SPD) versprach, Gemeinde und Behörden würden "mit einem langem Atem" die "sensationellen Funde" im Auge behalten und durch umfassende Konzepte schützen. Bernhard Vollmer von der Forstverwaltung der Diözese erwähnte den hier gefundenen, für ausgestorben gehaltenen Eremiten-Käfer und nannte ihn "den Rockstar der Totholz-Szene". Landrat Christoph Göbel (CSU) freute sich, dass die UN-Auszeichnung in eine Zeit fällt, "in der Artenschutz so hoch im Kurs steht wie nie zuvor". Das Bewusstsein für die Vielfalt sei stark: "Allerdings muss man sich fragen, ob dieser Wille zum Artenschutz die aktuelle Menschheit auch überstehen wird."

Göbel, der, wie er sagte, seine Kindheit und Jugend im Würmtal verbracht hat und "fast täglich hier in Maria Eich gespielt hat", sprach von einem "Raum wunderbarer Schönheit." Der CSU-Politiker überreichte symbolisch einen hölzernen "Vielfalt-Baum", der das laufende UN-Projekt symbolisieren soll: "Jedenfalls sind wir mit diesem Projekt auf dem richtigen Weg."

Die Vereinten Nationen haben die Zeit von 2011 bis 2020 weltweit als "UN-Dekade für Biologische Vielfalt" ausgerufen. Damit soll dem globalen Rückgang der Naturvielfalt entgegengewirkt werden. In Deutschland sollen damit "vorbildliche Projekte den Blick auf die Naturvielfalt und die Chancen lenken, die sie uns bietet", heißt es im Auslobungstext. Gemeint sind damit eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten sowie von Mikroorganismen und Pilzen. Auf der offiziellen Website (www.undekade-biologischevielfalt.de) kann von sofort an das Planegger Projekt bewundert werden. Die Jury nimmt weitere Vorschläge entgegen.

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SZ vom 20.05.2019
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