Nahverkehr:Einfacheres Tarifsystem

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Wegen eines umgestürzten Baumes verkehren am Montag keine S-Bahnen zwischen Herrsching und Hechendorf. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der viel gescholtene Preis-Wirrwarr soll ein Ende haben. Der MVV arbeitet an einer Reform

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Das Tarifsystem des Münchner Verkehrsverbunds ist für die meisten Bahnfahrer ein Ärgernis. Zu viele Mängel hat es. Zum Beispiel die eklatanten Preissprünge etwa zwischen Weßling und Steinebach (S8) oder Stockdorf und Planegg (S6). Oder das unübersichtliche Tarifsystem mit Ringen und Kreisen. Eine Arbeitsgruppe will dies ändern. Die hehren Ziele lauten: verständliches Tarifsystem, leistungsgerechtere Preise und nicht zu teuer. Wer nun in der Sitzung des Kreisausschusses glaubte, alles wird neu und besser, der bekam gleich einen Dämpfer. Stefan Weigele vom Civity Management und Susanne Münster, die Verkehrsmanagerin des Landkreises, sprachen von einer "Modernisierung" beziehungsweise Reform, nicht von Revolution. Aber schon die Reform könnte einen Fortschritt angesichts des bisherigen Preis-Wirrwarrs darstellen. Künftig soll es nur noch acht Preisstufen und statt der 16 Kreise nur acht geben. Davon versprechen sich Münster und Weigele einiges. So soll es keine tariflichen "Zerschneidungen von Siedlungsgebieten" geben, also keine Tarifgrenze mitten im Ort. Weitere Vorschläge, die in der Prüfung durch die Landkreise sind: Der Seniorentarif, bei dem die Sperrzeit in der Frühe fallen könnte, dafür aber das Alter von jetzt 60 Jahren auf 65 erhöht wird. Der Jugendtarif soll pauschale Freizeitangebote erhalten und damit unabhängig werden von den Ringen und Kreisen. Zudem ist ein Sozialtarif im Gespräch, der von allen im Verbund befindlichen Landkreisen und Städten finanziert werden soll. Weigele wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es zwar immer noch Verlierer geben werde, aber dafür viele Gewinner.

Die gerechtere Variante, die allerdings wegen der noch begrenzten technischen Möglichkeiten nicht zum Zuge kommt, wäre eine Flatrate oder ein Tarifsystem, das elektronisch die Entfernungen und die Kilometer misst. Allerdings sollte das System nicht zu simpel sein. "Ein simpler Tarif ist nie sozialgerecht und ausgewogen", so der Experte.

Ein Großteil der Kreisräte bedauerte, dass es nicht der große Wurf ist, dem man sich wünschte. "Wir haben mehr erwartet, aber jeder Schritt einer Verbesserung ist gut", meinte Tim Weidner (SPD), der stellvertretende Landrat. Martina Neubauer (Grüne) fragte süffisant: "Wann kommen wir von der Evolution zur Revolution?" Es wird dauern.

Besonders unzufrieden zeigte sich Bernhard Sontheim, der Feldafinger Bürgermeister. Er stellte den Antrag, dass seine Gemeinde "angesichts der angebotenen Dienstleistung nur die Hälfte zahlen" werde. Er verwies auf den Zustand des Bahnhofs, der keinen Aufzug habe und damit nicht barrierefrei sei und überhaupt in keinem guten Zustand. Münster konnte ihn zwar nicht beruhigen, aber informierte Sontheim, dass Feldafing in der Vorschlagsliste der Landräte zur Verbesserung des S-Bahnsystems stünde. Dass es noch hakt, darauf machte Harald Schwab aufmerksam. Er wunderte sich, dass die geplante Expressbahn auf der Linie S8 zwar in Weßling hält, aber dann nach Germering weiterfährt und Gilching links liegen lässt. "Ich glaube, ich bin im falschen Film." Er wollte von Münster wissen, ob das Betriebskonzept tatsächlich so umgesetzt werde oder ob man es noch ändern könnte. Münster schloss nicht aus, dass sich etwas ändern könnte. Wie geht es mit der Reform jetzt weiter? Ende des Jahres diskutieren die Gremien über die Vorschläge, und Ende 2019 könnte die Reform als neuer MVV-Tarif Wirklichkeit werden, so Weigele.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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